Walldürn/Hardheim: Wohin mit den Windrädern?
Der Gemeindeverwaltungsverband Hardheim-Walldürn steht im Spannungsfeld zwischen dem Schutz von Mensch und Natur und der Förderung erneuerbarer Energien

Der Windpark "Altheimer Höhe" (Foto) ist neben dem "Angelterbusch" bei Erfeld einer von zwei Windkraftstandorten auf dem Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbandes. Wo sollen weitere gebaut werden? Damit beschäftigt sich der Verwaltungsverband derzeit. Foto: R. Busch
Von Rüdiger Busch
Walldürn/Hardheim. Das Thema "Windkraft" dominierte die Sitzung des Gemeindeverwaltungsverbandes Hardheim-Walldürn am Dienstag im Haus der offenen Tür in Walldürn. Wer konkrete Aussagen zu einzelnen Vorhaben erwartet hatte, wurde enttäuscht. Einmal mehr musste sich das Gremium mit den komplexen bauleitplanerischen Voraussetzungen für die Genehmigung von Windkraftanlagen beschäftigen. Und einmal mehr wurde deutlich, welche schwierige Aufgabe die Landesregierung den lokalen und regionalen Verwaltungen und Bürgervertretern überlassen hat: Sie müssen sich im Spannungsfeld zwischen dem Schutz von Mensch und Natur und der politischen Vorgabe, der Windkraft "substanziell Raum zu schaffen", bewegen und dabei Genehmigungsverfahren durchschauen, die selbst manchen Juristen an die Grenze seiner Aufnahmefähigkeit bringen.
Dank der vorzüglichen Erläuterungen des bisherigen Bauverständigen des Verbandes, Christian Berlin, der bekanntlich zur Stadt Walldürn gewechselt ist, wurde den Mitgliedern der Verbandsversammlung und den Zuhörern die komplexen Zusammenhänge aber gut veranschaulicht. Beim Blick auf den aktuellen Verfahrensstand zeigte Berlin auf, dass sich der Teilregionalplan Windenergie des Verbands Region Rhein-Neckar gerade in der zweiten Offenlage befindet (siehe auch Artikel unten).
Neben diesem übergeordneten Planungsinstrument, in dem Vorranggebiete für Windkraftanlagen aufgeführt werden, wird derzeit auch ein Teilflächennutzungsplan Windkraft für das Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) aufgestellt, in dem Konzentrationszonen ausgewiesen werden. Damit können die Kommunen verhindern, dass an anderer Stelle Anlagen gebaut werden. Außerdem können zusätzliche Flächen für die Windkraft aufgenommen werden, die im Regionalplan fehlen.
Bis der neuen Regionalplan und der neue Flächennutzungsplan Rechtskraft erlangen, müssen Anlagen über ein so genanntes Zielabweichungsverfahren genehmigt werden. Dies betrifft zum Beispiel die derzeit laufenden Projekte "Hohe Birken" bei Gerichtstetten und "Dreimärker" bei Bretzingen.
Da der Regionalverband seinen Kriterienkatalog - der auch Grundlage des Regelwerks des GVV ist - geändert hat, passt auch der GVV seine Kriterien an, um eine höhere Planungssicherheit zu haben. Sandra Lanig vom Büro Klärle (Weikersheim) stellte den veränderten Kriterienkatalog vor. Er enthält "harte" Tabukriterien wie den Abstand zu Wohnbauflächen im Innenbereich (750 Meter) oder zu Aussiedlerhöfen (500 Meter). Neben diesen gesetzlichen Vorgaben gibt es "weiche" Tabukriterien wie Abstand zu Naturschutzgebieten (200 Meter), und es gibt Kriterien der Einzelfallprüfung (z. B. FFH-Gebiete oder Richtfunkstrecken). Zudem erhält der Katalog planerische Ausschlusskriterien wie eine Mindestwindgeschwindigkeit von 5,5 Meter/Sekunde in 140 Metern Höhe und eine Mindestgröße eines Gebiets von 30 Hektar.
Stefan Michel wies darauf hin, dass es in der neuen Landesregierung Überlegungen gebe, den Mindestabstand zur Wohnbebauung zu erhöhen. Wie könne der GVV dies berücksichtigen? Verbandsvorsitzender Markus Günther betonte, dass sich das Regelwerk an den derzeitig gültigen gesetzlichen Vorgaben orientiere: "Wir wissen nicht wie es sich entwickelt." Markus Weniger schlug vor, die gestiegene Höhe der Anlagen bei den Abstandswerten zu berücksichtigen. Bei kleinen Anlagen seien 750 Meter vielleicht genug, nicht aber bei den immer größeren Windrädern.
Eine pauschale Erhöhung von Abständen über die gesetzlichen Regelungen hinaus, sei gefährlich, verdeutlichte Christian Berlin. Dies könne dem GVV als Verhinderungsplanung ausgelegt werden. Adalbert Hauck ergänzte dazu, dass für jedes Windrad eine Einzelfallprüfung notwendig sei. Als generellen Wert sollte man bei 750 Metern bleiben, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Wie Sandra Lanig weiter ausführte, wurde mit den neuen Kriterien eine Standortanalyse für das Gebiet des GVV durchgeführt. Dabei sind 23 mögliche Vorranggebiete aufgeführt, darunter die acht Gebiete aus dem Entwurf des Regionalplans (s. u.) und weitere Flächen auf Hardheimer und Walldürner Gemarkung.
Einstimmig wurde abschließend das weitere Vorgehen beschlossen: Der neue Kriterienkatalog wird in den nächsten Wochen ebenso wie die neue Standortanalyse in den Ortschafts- und Gemeinderatsgremien vorgestellt. Die Stellungnahmen der drei Verbandsgemeinden sollen dann bis Ende Juni vorliegen. In der nächsten Verbandsversammlung am 12. Juli soll der Kriterienkatalog als Grundlage für die weiteren Planungen beschlossen werden.
Welche der 23 möglichen Flächen dann tatsächlich mit Windrädern bebaut werden, steht derzeit noch in den Sternen. Klar ist nur: Weist der GVV zu wenig Flächen ist, steigt die Gefahr, dass ein Investor vor Gericht Recht bekommt, wenn er an einer anderen Stelle ein Windrad errichten möchte. Werden zu viele - beziehungsweise die subjektiv falschen - ausgewählt, läuft die Bevölkerung Sturm. Wohin mit den Windrädern? Eine schwierige Frage, auf die es leider keine einfachen Antworten gibt.



