Noch steht in Walldürn die Zeit still: Defekte Kirchturmuhr wird repariert

Eine Wartungsfirma ist beauftragt. Wahrscheinlich ist Frost die Ursache des Ausfalls.

18.01.2017 UPDATE: 19.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Seit dem Dreikönigstag zeigt die Turmuhr der Basilika 6.25 Uhr an. Die in die Jahre gekommene Mechanik soll in den nächsten Tagen wieder in Gang gesetzt werden. Fotos: Janek Mayer

Von Janek Mayer

Walldürn. Ganz traditionell schlagen die Funken im Freilandmuseum, wenn Schmied Franz Schell auf seinem Amboss Metall in Form bringt. Wenige Meter entfernt spinnen die Damen um Marie Böhrer in geselliger Runde Flachs und Wolle am alten Spinnrad. Und dann ist da noch die historische Postkutsche aus dem Jahr 1730, die bei wärmeren Temperaturen regelmäßig durch die Altstadt fährt. Kurzum: In Walldürn scheint die Zeit manchmal - natürlich im positiven Sinne - still zu stehen. Ein weiteres Indiz dafür prangt derzeit noch über den Dächern der Altstadt: Die Zeiger der Kirchturmuhr an der Basilika stehen bereits seit dem Dreikönigstag still.

Nun sollen die Zeiger aber schnellstmöglich wieder "Fahrt aufnehmen". Dafür ist der Eigentümer der Uhr, also die Kirche, verantwortlich. "Als die Uhr am Dreikönigstag stehen blieb, haben wir umgehend eine Wartungsfirma verständigt", erklärt Helmut Hotzy, der stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrats, auf Nachfrage der RNZ. Ein Monteur solle bereits morgen - spätestens aber am Montag - die Uhr reparieren.

Diese Verzögerung - seit dem Dreikönigstag sind dann immerhin zwei Wochen vergangen - lässt sich auf mehrere Probleme zurückführen. "In der Kirchturmuhr ist eine ältere Mechanik verbaut. Die Ersatzteile dafür mussten eigens bestellt werden", sagt Hotzy. Zudem seien auch mehrere Mitarbeiter der Wartungsfirma krankheitsbedingt ausgefallen. Die Personaldecke war also schlicht zu dünn, um sich früher der Walldürner Turmuhr zuzuwenden.

Warum die Zeiger plötzlich stehen blieben, ist noch unbekannt. Ursachen für Defekte an Kirchturmuhren gibt es viele. Mal ist es der Verschleiß, mal fehlt das Personal, und nicht nur einmal haben schon Blitzeinschläge das Glockenläuten verstummen lassen. Im Kreis Emmerdingen sind sogar schon Jugendliche bis zur Turmuhr geklettert und haben dort mit Gewalt die Zeiger bewegt. Bei der lebensgefährlichen Aktion beschädigten sie die Uhr. Ganz so kurios stellt sich die Situation in Walldürn vermutlich nicht dar: Am wahrscheinlichsten ist es, dass der Stillstand mit den frostigen Temperaturen zum Jahresbeginn zusammenhängt. Am 6. Januar wurden in der Region bis zu -18 Grad Celsius gemessen.

Die Glocken selbst sind von dem Ausfall verschont geblieben. Zu den Gottesdienstzeiten läuten sie also ganz normal. "Das Schlagwerk ist allerdings betroffen", sagt Hotzy. Es ist elektronisch an die Uhr gekoppelt. Solange die Zeiger also nicht über die Viertel-, halbe, Dreiviertel- oder ganze Stunde streichen, bleibt der Uhrschlag aus.

Ein Problem mit der Uhr gab es schon einmal im vergangenen Jahr, erinnert sich Hotzy: "Das Schlagwerk ging damals anders als die Uhr." Die Glocken läuteten zwar im Viertelstundentakt, aber zeitversetzt. Insgesamt laufe die Uhr dennoch sehr zuverlässig, betont Hotzy.

Früher bestimmte der Glockenschlag noch den Tagesablauf der Bevölkerung. "Es ging darum, den Leuten auf dem Felde die genaue Zeit zu geben", erklärt der Hohenloher Klaus Keith, der Turmuhren restauriert. "Zwölf Schläge bedeuteten: Jetzt ist Mittag." Ein heller Glockenton signalisiert die gerade verstrichene Viertelstunde, ein dunklerer mit Nachschlag eine ganze Stunde. Alte Uhrwerke wurden ungefähr seit 1920 durch Elektromotoren ersetzt. Denn sie mussten ständig gewartet werden. Keith erinnert sich an einen konkreten Fall: "Der Mesner hatte jeden Tag auf den Turm zu steigen, vier Uhrwerke aufzuziehen. Das nahm sicherlich eine Viertelstunde in Beschlag." Vergaß er es, blieb die Kirchturmuhr stehen.

Denn: Ob kleiner Wecker oder große Kirchturmuhr - mechanische Uhren funktionieren im Prinzip alle gleich. In der Uhr ist ein Räderwerk, also ein Set aus verschiedenen Zahnrädern. Bei großen Uhren setzt in der Regel ein Gewicht diese Zahnräder in Bewegung. Irgendwann ist die Energie aufgebraucht, dann muss die Uhr erneut aufgezogen werden.

In den Gotteshäusern der Gemeinde Walldürn schlagen keine mechanischen Großuhren mehr die Stunde. Sie wurden über die Jahre hinweg durch modernere ersetzt. Die ausgedienten Kirchturmuhren aus Walldürn und den umliegenden Ortschaften finden sich seit 2011 allesamt im Museum "Zeit(T)räume" wieder. Sie wurden restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bei Führungen erhalten Besucher interessante geschichtliche Daten zu Entstehung und Gebrauch des jeweiligen Uhrwerks an die Hand. (mit dpa)

Info: Museum "Zeit(T)räume", Untere Vorstadtstraße 45, Tel. (06282) 6334, E-Mail: info@museum-zeittraeume.de

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