Schriesheim: Feuer in der Flüchtlingsunterkunft brach im Keller aus

Am frühen Mittwochmorgen brannte es in der Flüchtlingsunterkunft in der Carl-Benz-Straße

11.01.2017 UPDATE: 12.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden

Die Flüchtlingsunterkunft war nach dem Brand unbewohnbar. Erst kamen die Flüchtlinge bei der Firma DSC unter, dann wurden sie nach Dossenheim gebracht. Foto: Dorn

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Ziemlich verfroren steht das Grüppchen vor der Flüchtlingsunterkunft in der Carl-Benz-Straße. Die Polizei hat den Eingang mit Absperrband gesichert, niemand darf durch. In Jogginghosen stehen die Männer da, die bloßen Füße in Badeschlappen, die Schrecken der letzten Stunden stehen ihnen ins Gesicht geschrieben. "In der Nacht wurde überall laut gerufen, ich wurde wach", erzählt Nadhim Hazim. Der Iraker folgte seinen Mitbewohnern nach draußen, sah ein großes Feuer im Treppenhaus und bekam Angst. Er gelangte schnell ins Freie - sein Zimmer liegt im Erdgeschoss.

"Als wir kamen, hatte ein Großteil der Bewohner das Gebäude bereits verlassen", sagt Feuerwehrkommandant Oliver Scherer. Um 4.43 Uhr ging der erste Alarm ein, Minuten später trafen er und sein Stellvertreter Andreas Baar am Brandort ein. Im ersten Stock machte sich ein Bewohner bemerkbar, sofort wurde die Drehleiter in Stellung gebracht, er konnte gerettet werden. Mit Leitern retteten die Kameraden drei andere Brandopfer aus einem weiteren Zimmer, während ein Trupp mit Atemschutzgeräten nach drinnen ging.

Ursache ist noch unklar

"Manche Türen waren verschlossen", sagt Scherer. Sie wurden eingetreten, um sicherzugehen, dass kein Bewusstloser dahinter vergessen wurde. Das Gerücht, eine ältere Frau befinde sich noch im Haus, bewahrheitete sich zur Erleichterung der Retter nicht - sie hatte die Unterkunft bereits verlassen. Sahad Fazal wurde durch Lärm und Türenschlagen geweckt. Er sah seine Zimmernachbarn nach draußen laufen, bemerkte Rauch, kletterte aufs Fensterbrett und sprang nach draußen. "Ich blieb unverletzt", sagt der Afghane.

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Unterdessen bekämpfte ein weiterer Feuerwehrtrupp unter Atemschutz das Feuer; die Hitze machte den Kameraden zu schaffen, mit zwei Rohren wurde gelöscht. "Der Brand begann in einem Vorraum zum Keller", sagt Polizei-Pressesprecher David Faulhaber. Viel mehr kann er derzeit nicht sagen; nicht, ob es einen oder mehrere Brandherde gab, nicht, ob es ein Unglück oder Brandstiftung war: "Das ist Gegenstand der Brandermittlung." Irgendwann in den frühen Morgenstunden war klar, dass keiner der 44 Bewohner (unter ihnen ein Kind) mehr im Haus war; sieben Fahrzeuge und 42 Feuerwehrleute der Abteilungen Stadt und Altenbach waren vor Ort, außerdem elf Kameraden und zwei Fahrzeuge aus Dossenheim.

Exakt um 5.41 Uhr war der Brand gelöscht und das Gebäude rauchfrei. Scherer vermutet, dass es bis auf weiteres unbewohnbar ist, und schätzt den Sachschaden auf 50.000 bis 70.000 Euro. Die Polizei spricht von 100.000 Euro. Ein Mann kam mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung vorläufig ins Krankenhaus, vier weitere Personen wurden den Notärzten und Sanitätern übergeben; mit einem Großaufgebot von sechs Wagen und zehn Personen waren die Rettungskräfte vor Ort. Um 8 Uhr rückte die Feuerwehr ab.

Die Flüchtlinge konnten sich erst in einem bereitgestellten RNV-Bus aufwärmen, dann in einem Schulungsraum, den die benachbarte Firma DSC zur Verfügung stellte. Dort sitzen die Gestrandeten jetzt im Warmen, werden mit Brezeln und heißen Getränken bewirtet, während Fadime Tuncer und Friedel Zinn von der Flüchtlingshilfe die Runde machen. Sie verteilen frische Socken an die Frierenden - sie tragen noch immer die Sachen, in denen sie in der Nacht aus dem Haus liefen. "Was ist jetzt mit unseren ganzen Papieren", fragt sich Hazim. Nach wie vor darf niemand ins Haus, die Kripo hat den Fall übernommen. Die Flüchtlinge werden später an diesem Tag mit Bussen nach Dossenheim gebracht. Auf die Feuerwehr wartet schon wenig später der nächste Einsatz: Kurz nach 9 Uhr nehmen die Helfer eine Nottüröffnung in Altenbach vor. Doch diesmal können sie nichts mehr tun; der Bewohner ist bereits tot.

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