Große Mehrheit lehnt Neubaugebiet im Mittelgewann ab
32,8 Prozent stimmten gegen Gemeinderatsbeschluss - Wahlbeteiligung bei fast 50 Prozent - Teilbebauung weiter möglich

Von Maren Wagner
Edingen-Neckarhausen. Die ersten Tränen fließen schon vor der Halbzeit. Im Bürgersaal in Edingen läuft gerade das Ergebnis aus den ersten vier von zehn Wahllokalen ein, als sich Mitglieder der Bürgerinitiative in den Armen liegen und weinen. Mit 22,1 Prozent liegen die Gegner des 10,7 Hektar großen Neubaugebiets "Mittelgewann" zu diesem Zeitpunkt deutlich vor den Befürwortern, die auf 12,8 Prozent kommen. Daran wird sich bis zum letzten Wahllokal nichts mehr ändern. "Stefan, komm her und stell dich zu den Siegern", ruft einer durch den Saal und Stefan Brendel, einer von drei Initiativen-Sprechern stellt sich zu Enzio Ermarth und Anne Krug.

Erbittert haben sie gegen das Neubaugebiet gekämpft in den vergangenen Monaten, die Mitglieder der Bürgerinitiative. Die Wähler honorieren ihren Einsatz: Das Quorum von mindestens 2200 Stimmen lassen sie nach dem achten Wahllokal mit 23,4 Prozent hinter sich. Da dümpeln die Bebauungsbefürworter bei 11,6 Prozent der Stimmen.
Das letzte Wahllokal ist noch nicht auf die Leinwand übertragen, als Bürgermeister Simon Michler mit dem Mikrofon in der Hand nach vorne läuft und das Endergebnis verkündet: 32,8 Prozent der Wähler stimmten gegen das Neubaugebiet und damit für die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses zur Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans, 16,5 Prozent unterstützten das Vorhaben. Die Wahlbeteiligung lag bei 49,4 Prozent.

"Herzlichen Glückwunsch an die Bürgerinitiative", sagt Michler, der sich mit CDU, SPD und Einzelgemeinderat Uli Wetz für das Neubaugebiet eingesetzt hatte. Immer wieder muss er seine Rede unterbrechen, weil der Applaus im Bürgersaal nicht abbricht. "Der Sieger steht fest, das Gemeinderatsbeschluss ist damit gekippt."
Es gehöre dazu, wird Michler später sagen, dass man sich bei unterschiedlichen Meinungen auch einmal streite. Das deutliche Ergebnis sei für ihn aber überraschend gekommen. "Die Bürger, die abgestimmt haben, haben schon eine Wohnung oder ein Haus. Sie haben keinen Druck.
Hintergrund
Die Bürgerinitiative wollte ihren Sieg eigentlich im "Friedrichshof" feiern. Doch die Sektkorken knallten schon am Rathaus, wo sich die Sprecher Anne Krug, Enzio Ermarth und Stefan Brendel "unheimlich froh und erleichtert" zeigten. "Das ist ein guter Tag für die
Die Bürgerinitiative wollte ihren Sieg eigentlich im "Friedrichshof" feiern. Doch die Sektkorken knallten schon am Rathaus, wo sich die Sprecher Anne Krug, Enzio Ermarth und Stefan Brendel "unheimlich froh und erleichtert" zeigten. "Das ist ein guter Tag für die Bürgerbeteiligung und das klare Wahlergebnis ist auch friedensstiftend", sagte das Trio. Den Schwung des Ergebnisses wolle man mit in die Zukunft nehmen, sich kommunal- und umweltpolitisch und auch in der Lokalen Agenda engagieren.
"Alle haben Interesse, sich verstärkt und aktiv einzubringen", so Anne Krug. Doch jetzt müsse man erst einmal Pause machen, die vergangenen Monate seien kräftezehrend gewesen. Ohne die Mitstreiter sei das nicht zu schaffen gewesen. "Wir bekommen heute hier die Blumen, aber es waren immer bis zu 30 Helfer, die bereit zur kurzfristigen Mitarbeit waren", sagte Ermarth. Und: "Wir waren ein gutes Team, wir haben hier Freunde gefunden." Am 29. März trifft sich die BI um 18.30 Uhr im "Friedrichshof", um zu beraten, wie es weitergeht. (nip)
Das ist eine kleinere Erklärung für das Ergebnis." Dieses wäre genauso ausgefallen, sagt Michler, wenn er im Vorfeld Bürgerinformationsveranstaltungen gemacht hätte. Er glaube nicht, dass Gräben zugeschüttet werden müssen, die in den vergangenen Monaten aufgerissen worden sind. "Nicht mit diesem Ergebnis. Die Mittelgewann-Gegner haben ihr Ziel mehr als erreicht."
Dass der Bürgerentscheid derart deutlich ausfallen werde, daran hatte die Bürgerinitiative nicht geglaubt: "Das war Wunschdenken", sagt Stefan Brendel, "ausschlaggebend für das Ergebnis war sicherlich der Politik-Stil zum Schluss und auch die Dimension des Neubaugebiets, die war einfach zu groß."
Als Konsequenz aus dem Ergebnis darf sich der Gemeinderat drei Jahre lang nicht mehr mit einer Bebauung der angedachten Größenordnung im Mittelgewann befassen. Eine Teilbebauung kann aber jederzeit beschlossen werden.



