Flüchtlinge in Edingen-Neckarhausen: Michler versucht, Ängste zu nehmen
Bürgerinfo zu geplanter Unterkunft für Flüchtlinge in kommunaler Anschlussunterbringung

Mit kritisch-sachlichen Fragen, Vorwürfen und purem Populismus sah sich Bürgermeister Simon Michler gestern bei der Bürgerinformationsveranstaltung in der Freiherr-von-Drais-Straße konfrontiert. Ob die leer stehende Gewerbehalle als Unterkunft für maximal 144 Menschen umgebaut werden soll, wird am Mittwoch im Gemeinderat diskutiert. Foto: Pilz
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. "Wird mein Haus an Wert verlieren?", "warum verteilt man die Flüchtlinge nicht auf Alternativstandorte?" oder "ich habe Angst und wir haben hier keine Polizei am Ort." Mit kritisch-sachlichen Fragen, Vorwürfen und auch purem Populismus sah sich Bürgermeister Simon Michler gestern bei der Bürgerinformationsveranstaltung zur geplanten Flüchtlingsunterkunft zur Anschlussunterbringung in der Freiherr-von-Drais-Straße konfrontiert. Ein junges Mädchen weinte gar am Ende; so jemanden müsse man unbedingt "mitnehmen", sagte der Bürgermeister später.
Eineinhalb Stunden lang machte er deutlich, dass er und wohl auch größtenteils der Gemeinderat den Umbau der Gewerbehalle in 24 Zwei-Zimmer-Appartements für vier bis sechs Menschen, also maximal 144, für eine pragmatische Lösung hält. Besser jedenfalls als elf weitere mögliche Standorte, wo Containeranlagen aufgestellt werden müssten, was letztlich teurer käme. Werte schaffe das zudem keine.
Das wäre in der geplanten Flüchtlingsunterkunft zur Anschlussunterbringung, für die die Kommune zuständig ist, anders. Alexander Wolf aus Bammental, Inhaber der seit Anfang dieses Jahres leer stehenden Gewerbehalle, erklärte, er habe einen Architekten mit Erfahrung in diesem Bereich hinzugezogen. Er sprach von "sozialem Wohnungsbau", der über die von ihm angestrebte Mietdauer von 15 Jahren der Kommune zugutekäme. Er will die Halle entkernen, Dach und Wände entfernen, die Träger als Stützen jedoch stehen lassen.
In Holzbauweise sind circa 60 Quadratmeter große, teils behindertengerechte Wohnungen geplant, einige mit kleinen Terrassen. Im Außenbereich können Kinder spielen. Die vorderen Büroräume sind als Werkstatt, Sozial- und Gemeinschaftsräume sowie separate Räume für Frauen und Kinder gedacht. "Das Ganze könnte eine Art Aushängeschild und Musterkonzept für andere Kommunen werden", sagte Wolf der RNZ.
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Michler erklärte, wenn die Gemeinde nicht zugreife, werde der Landkreis, der schon in Verhandlungen mit Wolf war, wieder aktiv werden. Dann könnte hier eine Gemeinschaftsunterkunft für deutlich mehr Menschen entstehen. "Und unsere Hausaufgaben hätten wir dann immer noch nicht gemacht", so Michler. Denn die Kommune hängt mit der Anschlussunterbringung hinterher und hat bislang nur 66 Flüchtlinge aufgenommen. In die Erstaufnahmeunterkunft in Edingens Gerberstraße, die vom Kreis betrieben wird, zogen im vergangenen Herbst 62 Menschen ein, von denen einige bereits zurück in ihrer Heimat sind. In der Anschlussunterbringung habe die Kommune Mitsprachemöglichkeiten, wer komme. Dass es sich aber nur um Familien handeln wird, konnte Michler nicht zusagen. Eine höhere Polizeipräsenz müsse man sicher thematisieren. Aber immerhin stelle die Kommune jetzt eine Integrationsbeauftragte mit 39 Wochenstunden ein, die mit dem Bündnis für Flüchtlingshilfe zusammenarbeiten werde. Denn auch das wurde gefragt: "Wo kann ich mich engagieren?"
Vorwürfe, der Hallenbesitzer mache das aus reinem Profitstreben, konterte Michler: "Wenn er nichts verdienen würde, würde er es auch nicht machen." Dennoch seien Container für die Kommune nicht günstiger. Am Mittwochabend soll der Gemeinderat entscheiden, ob er den Bürgermeister zu weiteren Verhandlungen über den Mietvertrag ermächtigt. Im April oder Mai wird der Vertrag vom Gemeinderat begutachtet, dann wird über die Nutzungsänderung des Gebäudes und die Befreiung vom Bebauungsplan entschieden. "Es gibt keinen perfekten Standort", betonte Michler. Aber er sagte auch: "Weniger Wohngebiet als hier gibt es nicht." Sicher sei die Randlage ein Nachteil, die Ortsmitte liege aber in der Nähe. "Wir müssen zusammenstehen. Bitte haben Sie Verständnis", sagte Michler.
Ein Bürger kam am Schluss und erklärte: "Ich habe Sie nicht gewählt, aber ganz ehrlich, Sie haben das heute sehr gut gemacht."



