Kinderstück "Mahlzeit" im Heidelberger Zwinger3 bietet kulinarisch-dramatische Unterhaltung

Bernhard Studlar hat mit "Mahlzeit" ein poetisches Kinderstück geschrieben - Uraufführung im Zwinger3 in Heidelberg

14.03.2016 UPDATE: 15.03.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden

Ein schwungvolles Trio (v.l.): Julia Lindhorst-Apfelthaler, Paul Brusa und Juliane Schwabe. Foto: Annemone Taake

Von Ingeborg Salomon

Essen ist ein Thema, das auch schon den Allerjüngsten buchstäblich unter die Haut geht. Denn Leibspeisen und Tischmanieren sind Themen in jeder Familie, auch wenn gemeinsame Mahlzeiten nicht mehr drei Mal täglich auf dem Speisezettel stehen. Für das Junge Theater Heidelberger hat der österreichische Autor Bernhard Studlar ein Stück mit dem bündigen Titel "Mahlzeit" geschrieben, das Markolf Naujoks im Zwinger3 szenisch und musikalisch eingerichtet hat.

Wie bereits in der Spielzeit 2014/15 in "Vom Fischer und seiner Frau" lässt Naujoks auf der Bühne einen magischen Raum aus Live-Musik, Schattenspielen und Spiegelungen entstehen, in dem der Geschichtenerzähler Paolo (Paul Brusa) gemeinsam mit zwei Sopranistinnen (Julia Lindhorst-Apfelthaler und Juliane Schwabe als kongeniales Duo) eine Oper vorbereitet. "Molo und die Suche nach dem Ei" handelt vom besten Koch der Welt und dem wunderschönen Mädchen Henne, für die er einen Pfannkuchen zubereiten will. Doch es fehlt das Wichtigste, was ihn in Anlehnung an Richard III. stöhnen lässt: "Ein Königreich für ein Ei!"

Diese Pointe verstehen im Publikum zwar nur die Erwachsenen, aber die sollen schließlich auch Spaß haben. Das gilt auch für das Lied "In einer guten Suppe", angelehnt an Eichendorffs "In einem kühlen Grunde". Die Suche nach dem Ei führt Molo und Henne durch wundersame Landschaften, in denen der Nebel sie fast gänzlich verschluckt, ins Land des Herrn Geschmacksverstärkers.

Hier schmeckt nicht nur alles gleich, hier müssen auch Kinder in einer Fabrik schuften. Wie in der "großen" Oper fordert Molo diesen Unsympathen zum Zweikampf heraus, was durch kräftig geschmetterte Arien musikalisch eindrucksvoll umgesetzt wird.

Spritzige Einfälle und unerwartete Wendungen machen die Suche nach dem Ei spannend, und da die Darsteller Gefühle gestisch und mimisch gekonnt umsetzen, sind alle Zuschauer mucksmäuschenstill und folgen gebannt dem Geschehen. Juliane Schwabe und Julia Lindhorst-Apfelthaler haben großes komödiantisches Talent, ihre Jodel- und Schuhplattler-Einlage zu Kuhglockenklängen führt "Heidis" Alpenwelt vor Augen. Die fantasievollen Kostüme und Frisuren von Marina Stefan tun ein Übriges.

Ein großes Sonderlob verdient das aufgetürmte Haargebinde von Juliane Schwabe; ihre roten Zöpfe, dekorativ am Hinterkopf in Herzform gelegt, sind ein leuchtender Hingucker.

Da gegenwärtig offenbar kein Theaterstück ohne aktuellen Bezug auskommt, taucht gegen Ende der Vorstellung etwas unvermittelt noch ein Flüchtlingsjunge auf. Der heißt lautmalerisch Pomodorini ("kleiner goldener Apfel"), hat Hunger und Durst und natürlich auch Heimweh nach seinem Land und seiner großen Familie. Pedro Stirner spielt ihn angenehm zurückhaltend, und so erobert er zwar nicht im Sturm, dafür aber ganz langsam die Herzen von Molo und Henne. Dass er gut Klavier spielt, vereinfacht die Sache. Schließlich gelingt es Molo, ein Ei aufzutreiben, und einem großen Pfannkuchen-Finale steht nichts mehr im Wege. Nach 45 Minuten spendeten kleine und große Besucher herzlichen Applaus für diese kulinarisch-dramatische Versuchsanordnung.

Info: Die nächsten "Mahlzeiten" gibt es am 18. und 22. März, jeweils um 10 Uhr sowie am 18. April um 9.30 Uhr. Karten beim RNZ-Ticketservice.

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