Die Tatort-Kritik: Ein Fall für den "Fred Astaire" von Münster

Das Tatort-Duo Thiel und Boerne ermitteln unter Tanzsportlern - Schön gemachter Kriminalfall über Ehrgeiz und Liebe

06.05.2016 UPDATE: 08.05.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden

Tanzen ist kein Spaß: Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl, l) erwischt Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann, r) und Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) bei ihrer ersten gemeinsamen Tanzstunde. Foto: WDR/ARD

Von Alexander R. Wenisch

Mit einer glitzernd-rassanten Tanzszene startet der neue Tatort aus Münster. Das Duo Thiel/Boerne ermittelt unter Hochleistungssportlern. "Footloose" in Münster? Ja, der erste Gag ist schon im Eröffnungsmedley der Tänzer versteckt: Im aktuellen Fall geht es (auch) um einen verlorenen Fuß.

> Was ist passiert? Zuerst wird das Skelett einer Frauenleiche im Wald gefunden. Wenig später die Knochen eines Fußes. Ein schönes Rätsel: Was ist passiert? Professor Boerne (Jan Josef Liefers), nie um einen flotten Spruch verlegen, hat zumindest eine Weisheit der Gerichtsmediziner parat: "Ein Fuß kommt selten allein!"

> Worum geht es wirklich? Um Ehrgeiz, Liebe und Verrat. Der Krimi spielt in einer Tanzschule, denn schnell ist klar, wer die Tote war: die erfolgreiche und begehrte Tänzerin Elmira Dumbrowa. Ihr alter Verein, Münsters Vorzeige-Tanzclub, will in die Bundesliga. Hinter den Kulissen dieser Glitzer-Lächel-Welt, man ahnt es schon, herrschen harter Konkurrenzkampf, Leistungsdruck und gehässige Abneigung. Kurz: Tanzen ist kein Spaß!

> Wie schlagen sich die Ermittler? Boerne kocht! Vor Wut und Neid. Denn ausgerechnet seiner Assistentin "Alberich" (ChrisTine Urspruch) wird das Bundesverdienstkreuz verliehen: "Eine große Ehre für einen so kleinen Menschen." Da der Professor auch ausgezeichnet werden will und hofft, von Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) vorgeschlagen zu werden, ergibt er sich seinem Schicksal und wird ihr Partner im, haha, Kriminal-Tango-Kurs. Natürlich nicht, ohne sich gewohnt unbescheiden als den "Fred Astaire" von Münster zu betiteln. Frank Thiel (Axel Prahl) versucht, zielstrebig im Tanzmilieu zu ermitteln, ist aber abgelenkt: "Vaddern" Herbert Thiel (Claus D. Clausnitzer) hat im Wald Fliegenpilze gefunden und lenkt sein Taxi nun durch eine wunderbar lilafarbene Welt.

> Was muss man sonst noch wissen? Die Nebenrollen sind top besetzt: Thomas Heinze ("Allein unter Frauen") gibt den schnöseligen Club-Präsidenten - mit herrlichem 80er-Jahre-Schnautzer. Max von Pufendorf ("Crazy") ergänzt als ehrgeiziger und skrupelloser Trainer. Die vielen Tanzszenen wurden im Übrigen nicht mit Doubeln gedreht: Die Profis stellte das Tanzteam des TSC Brühl bei Köln.

> Wie viel Klamauk steckt drin? Der 29. Fall von Thiel und Boerne ist wieder etwas stärker. Die Balance zwischen Klamauk und Krimi ist stimmig. In dieser Kriminalkomödie ist das Kriminalistische kein aufgezwungenes Beiwerk. Witzig bleiben die Sprüche und Anspielungen gleichwohl. Schauspielerin Großmann, kettenrauchende Staatsanwältin zum Beispiel betreibt "Hochleistungsqualmen nach der Tanzkarriere". Wer nicht weiß, dass Großmann seit 1976 zum Wuppertaler Tanzensemble Pina Pausch gehört, lacht an dieser Stelle nur halb so laut.

> Was man vom Tatort fürs Leben lernen kann? "Jeder Fuß hat sein eigenes Gesicht", altes Orthopäden-Sprichwort.

> Sonntag, 20.15 Uhr, lohnt sich das Einschalten? Was für eine Frage! Thiel und Boerne schaut doch eh jeder. Und: Dranbleiben lohnt sich: Die allerbeste Szene kommt wirklich ganz am Schluss.

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