Wegen Kinderporno-Verdachts bei Einreise in die USA gezielt gefilzt?

30.01.2020 UPDATE: 31.01.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 16 Sekunden

Von Joachim Casel

Mosbach/Houston. Langsam mahlen mitunter die Mühlen der Justiz – aber sie mahlen! Das gilt auch im Falle des in amerikanischer Untersuchungshaft einsitzenden Bürgers aus dem Neckar-Odenwald-Kreis, dem die Staatsanwaltschaft in Texas den Besitz von Kinderpornografie und deren Transport über Staatsgrenzen hinweg vorwirft. In den USA soll dem Mann der Prozess gemacht werden.

In den Vereinigten Staaten ist der zuständige Gerichtshof in Houston gerade dabei, die nach US-Recht vorgegebenen juristischen Vorstufen abzuarbeiten, damit die Hauptverhandlung im Mai beginnen kann. Zeitgleich bemüht sich der renommierte Strafverteidiger Stanley G. Schneider von der Sozietät Schneider & McKinney, entlastende Argumente für seinen Mandanten zu finden. Und auch in Deutschland, wo man parallel zu den US-Behörden eigene Ermittlungen anstellt, ist man nicht untätig gewesen.

Umfangreiches Material im Wohnhaus sichergestellt

Die Polizei hat bei einer Hausdurchsuchung im Wohnhaus des Beschuldigten im Raum Mosbach umfangreiches Material sichergestellt, wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Mosbach, Leitender Oberstaatsanwalt Andreas Herrgen, jetzt auf Anfrage der Rhein-Neckar-Zeitung bestätigte. Ob sich auf diesen diversen Speichermedien auch belastendes Material befindet, das können die Ermittler derzeit aber noch nicht sagen, erklärte Herrgen. Das liegt am komplizierten Auswertungssystem der Kriminalpolizei.

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So wird von Spezialisten der Kripo in Heilbronn das gefundene und sichergestellte Material in einem ersten Schritt zunächst forensisch-juristisch korrekt gesichert. Damit verhindert man, dass etwaige Veränderungen der vorhandenen Daten auf der Festplatte vorgenommen werden können und dieses Material vor Gericht als hundertprozentig sicher und unverändert eingestuft werden kann.

Im zweiten Schritt geht ein Kriminalbeamter in Mosbach an das gesicherte Material und wertet es akribisch aus. "Ein solches Verfahren braucht natürlich seine Zeit", erklärte Herrgen, aber es sei aufgrund der Authentizität alternativlos. Wenn in einem Fall ein Beschuldigter in U-Haft einsitzt, würde dieser aber normalerweise vorgezogen, so der Leitende Oberstaatsanwalt. Seitens der Kripo wurde in diesem Zusammenhang bereits bestätigt, dass dieser Fall Priorität genieße und dementsprechend vorrangig behandelt werde. Trotzdem werde es wohl noch einige Wochen dauern, bis konkrete Ergebnisse vorliegen, hieß es seitens der Kriminalpolizei. Die Hausdurchsuchung betraf ausschließlich das Wohnhaus – an seinem Arbeitsplatz hätte hingegen keine Durchsuchung stattgefunden, unterstrichen die Ermittler. Der Mann ist leitender Angestellter einer großen Firma im Neckar-Odenwald-Kreis.

Der angeklagte Deutsche befindet sich seit seiner Verhaftung am 3. Dezember auf dem Flughafen weiterhin in Untersuchungshaft in Texas. Dies ist sicherlich ein Beleg für die Schwere des Delikts in der Einschätzung der US-Behörden. Bei dem Familienvater wurden offenbar gleich mehrere kurze Videoclips gefunden, die Sex mit Minderjährigen zeigen.

Exemplarisch haben die Ermittler in Texas drei dieser Clips näher in Augenschein genommen. Sie sollen auf einer Gesamtlänge von sechs Minuten Sex mit Kindern im Alter von vier bis zehn Jahren zeigen. Laut den Vorwürfen der US-Ermittler soll der Mann das Videomaterial, aber auch Fotos auf seinem Mobiltelefon gespeichert haben. Der Mann hatte beim Verhör durch die US-Polizei nach RNZ-Informationen zudem eingeräumt, dass er versucht habe, weitere einschlägige Videos zu erwerben. Teilweise habe er sie auch weiterverbreitet, um Zugang zu Online-Gruppen mit ähnlichen verbotenen Neigungen zu bekommen.

Interessant ist nach wie vor die Frage, wie die amerikanischen Ermittler auf den Mann aus Deutschland, der beim Flug nach Mexiko in Texas einen Zwischenstopp einlegte, aufmerksam geworden sind. Die US-Ermittler sprechen von "einer Routinekontrolle", wollen aber aus ermittlungstaktischen Gründen im Moment keine weiteren Angaben dazu machen.

Für den aufmerksamen Betrachter ist das allerdings ein bisschen viel Zufall. So beschweren sich zwar immer wieder Touristen über das barsche Vorgehen der amerikanischen Zöllner, die auch vor dem Blick ins Handy nicht zurückschrecken, aber das scheinen wohl eher Ausnahmen zu sein.

Im konkreten Fall war der Beschuldigte ganz intensiv gefilzt worden, während seine beiden Begleiter ungeprüft davon kamen. Dies legt den Verdacht nahe, dass die US-Behörden den Mann aus dem Neckar-Odenwald-Kreis gezielt ins Visier genommen hatten.

Diese Ansicht bestätigte gegenüber der RNZ ein deutscher Ermittler, der wiederholt mit US-Kollegen zusammengearbeitet hat. Er berichtet davon, dass die Cyber-Polizei in den USA sehr aktiv sei. Wenn man auf Namen, die der Szene zugeordnet werden konnten, gestoßen sei, würden diese gespeichert, auch wenn sie keine US-Bürger seien. Bei der Einreise ins Land würde den zuständigen Beamten dann im Computer mit einer "note" gezeigt, dass hier jemand ist, der aufgrund seiner Vorgeschichte einer besonderen Prüfung zu unterziehen ist. Gerade in den letzten Wochen waren die texanischen Ermittler beim Aufspüren von Kinderpornografie sehr erfolgreich.

Strafmaß zwischen fünf und 20 Jahren

In den vergangenen Tagen hat das Gericht in Houston die für die Hauptverhandlung nötigen Vortermine festgelegt: So können Beweisanträge bis spätestens 25. März gestellt werden. Die wichtige Vorkonferenz (Pretrial Conference) findet demnach am 6. Mai statt. Die endgültige Auswahl der Geschworenen soll am 12. Mai vorgenommen werden. Und dann kann es mit dem Prozess selbst losgehen. Die Hauptverhandlung im Mai leitet Richter Charles Eskridge. Die Jury, bestehend aus zwölf Geschworenen, wird dann zeitnah das Urteil fällen: "Schuldig oder nicht schuldig!" Im Falle eines Schuldspruchs kommt auf den Deutschen ein Strafmaß von mindestens fünf, maximal 20 Jahren zu.

Die Haftstrafe müsste nach geltendem Recht in den USA verbüßt werden, wenn nicht noch ein sogenanntes Vollstreckungsübernahmeersuchen zum Tragen kommt, das eine Überstellung nach Deutschland vorsieht. Die Chancen dafür werden allerdings als gering eingestuft.