SAP-Vorstandswechsel

"Für uns ist heute ein bittersüßer Tag"

Jennifer Morgan und Christian Klein führen SAP künftig gemeinsam. Sie wollen vollenden, was Bill McDermott ihnen hinterlässt.

11.10.2019 UPDATE: 12.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden

Geordnete Übergabe: Bill McDermott (links), der die SAP fast zehn Jahre lang führte, mit seinen Nachfolgern Jennifer Morgan und Christian Klein. Foto: SAP

Von Barbara Klauß

Walldorf. Vollkommen überraschend tritt SAP-Chef Bill McDermott ab. Er macht Platz für die erste Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns und für einen jungen Kollegen aus der Region. Im RNZ-Interview sprechen die neuen Chefs über Rollenbilder und über ihre Ziele.

Herzlichen Glückwunsch an Sie beide. Die große Frage heute lautet: Warum? Die Nachricht vom Rücktritt McDermotts kam sehr überraschend.

Jennifer Morgan: Bill McDermott war nun zehn Jahre lang der Vorstandsvorsitzende von SAP - und er hat Unglaubliches erreicht. Er wollte das Unternehmen in einem Moment der Stärke verlassen. Nun hatten wir ein großartiges drittes Quartal - und er hatte das Gefühl, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt zu gehen. Für uns ist das ein bittersüßer Tag. Wir haben ein enges Verhältnis zu Bill und wir werden ihn vermissen. Er war ein großartiger Mentor für viele. Wir sind ihm sehr dankbar.

Hintergrund

Neuer SAP-Chef hat einen bekannten Vater

Wenn ein Unternehmen für mehr als 90 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen sorgt und damit eine Kleinstadt reich gemacht hat, dann lässt ein Führungswechsel in dem Konzern natürlich aufhorchen. Denn es stellt sich

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Neuer SAP-Chef hat einen bekannten Vater

Wenn ein Unternehmen für mehr als 90 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen sorgt und damit eine Kleinstadt reich gemacht hat, dann lässt ein Führungswechsel in dem Konzern natürlich aufhorchen. Denn es stellt sich unweigerlich die Standortfrage. Die Walldorfer Bürgermeisterin Christiane Staab stimmt die neue Doppelspitze bei der SAP optimistisch, wie sie der RNZ sagt. "Wir freuen uns auf die gute Zusammenarbeit." Ihre Hoffnungen setzt sie dabei vor allem auf Christian Klein, der aus dem nahen Mühlhausen stammt. Und einen Vater hat, der in der Region bislang wesentlich bekannter ist als er selbst.

Karl Klein (Foto: Pfeifer), langjähriger Bürgermeister von Mühlhausen, sitzt für die CDU im Landtag. Auch wenn der Politiker am Freitag nicht für eine Stellungnahme erreichbar war: Er dürfte mit Sicherheit etwas dagegen haben, dass die SAP die Region verlässt, was der Aufsichtsratschef des Software-Konzerns, Hasso Plattner, vor sechs Jahren ins Spiel gebracht hatte. Staab kann aber auch auf Luka Mucic bauen. Der waschechte Walldorfer ist Finanzvorstand bei der SAP. "Dank ihm sind manche Wege ins Unternehmen kürzer, fällt es leichter, ins Gespräch zu kommen. Wir haben großes Vertrauen zueinander", sagt Staab. Mucic engagiert sich stark in der Kurpfalz und war zeitweise Vorstandsvorsitzender des Netzwerker-Vereins "Zukunft Metropolregion".

Bill McDermott hat Staab dagegen nie persönlich kennengelernt. "Es ist nicht so, dass einer wie er ins Rathaus kommt und sich dann persönlich vorstellt", verrät Staab. "Das läuft eher auf Arbeitsebene." Christian Klein könnte das ändern. Als Bürgermeistersohn kennt er Rathäuser ja schon ganz gut. (alb) 

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Wie viel Zeit hatten Sie beide, sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten?

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Christian Klein: Die letzten 24 Stunden waren tatsächlich sehr aufregend. Geschlafen haben wir wenig. Wir hatten einen Termin mit unserem Gründer, Hasso Plattner. Bill war auch da und überbrachte uns die Nachricht. Er hat uns gut vorbereitet. Aber der Zeitpunkt war eine absolute Überraschung.

Frau Morgan, Sie sind nun die erste Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Was bedeutet das für Sie?

Morgan: Es ist eine Ehre.

Erfüllt es Sie mit Stolz, dass sie sowohl Mutter als auch Vorstandsvorsitzende sind? Betrachten Sie sich als Vorbild für andere Frauen?

Morgan: Ich habe wirklich Glück: ein tolles Team, eine tolle Familie und großartige Unterstützung. Mein Mann hat mich unglaublich unterstützt in meiner Karriere. Es geht wirklich um Teamwork - egal, ob die Frau arbeitet, ob der Mann arbeitet oder beide. Ich habe das Glück, dass ich einen Ehemann habe, der es mir ermöglicht hat, das zu tun, wofür ich brenne. Ich habe zwei Söhne, auf die ich sehr stolz bin. Sie waren die ersten, die ich angerufen habe, als ich die Nachricht bekam - um ihnen für ihre Unterstützung zu danken. Sie sind meine größte Inspiration und ich bin stolz, ihre Mutter zu sein.

Ändert sich nun etwas für Frauen bei SAP? Was raten Sie Müttern, die arbeiten?

Morgan: Es geht heutzutage nicht mehr nur darum, dass Mütter sowohl einen guten Job als auch Zeit mit der Familie haben wollen. Auch viele Männer wünschen sich heute mehr als vor 20 Jahren mehr Zeit für die Familie und wollen ihre Kinder aufwachsen sehen. Ich denke, es geht darum, die Arbeitsumgebung so zu gestalten, dass das möglich ist. Wir sind da auf einem guten Weg. Ich bin stolz auf die vielen Frauen, die bei SAP arbeiten. Und ich freue mich darauf, noch mehr Frauen in Führungspositionen zu sehen.

Hintergrund

Biografien

Jennifer Morgan wurde 1971 in den USA geboren. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre in Harrisonburg im Staat Virginia. 2004 kam sie zu SAP, 2014 übernahm sie die Verantwortung für SAP Nordamerika. Dort setzte sie sich

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Biografien

Jennifer Morgan wurde 1971 in den USA geboren. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre in Harrisonburg im Staat Virginia. 2004 kam sie zu SAP, 2014 übernahm sie die Verantwortung für SAP Nordamerika. Dort setzte sie sich unter anderem für die Gleichstellung der Geschlechter, für Vielfalt und Inklusion ein. Jennifer Morgan war 2017 die erste Amerikanerin, die in den Vorstand der SAP SE berufen wurde. Verantwortlich war sie zuletzt für die Cloud-Geschäftsbereiche. Vom Fortune Magazine wird sie als eine der mächtigsten Frauen in der Wirtschaft und von Forbes als eine der mächtigsten Frauen der Welt geführt.

Christian Klein, Jahrgang 1980, ist ein "SAP-Gewächs", wie er sagt. Aufgewachsen ist er in Mühlhausen - in der Nähe von Walldorf. In Östringen besuchte er die Schule, anschließend studierte er an der Dualen Hochschule in Mannheim Betriebswirtschaftslehre. 1999, schon während des Studiums, fing er bei SAP an und machte schnell Karriere. 2018 wurde Klein in den Vorstand berufen. Zuletzt war er als Chief Operating Officer (COO) für das operative Geschäft insgesamt zuständig. Zudem verantwortet er bislang die wichtigsten Anwendungen von SAP, darunter das Programmpaket S/4 Hana.

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Wo werden Sie ihr Büro haben? In Walldorf oder in den USA?

Klein: Jennifer lebt mit ihrer Familie in den USA, ich lebe mit meiner Familie in der Nähe von Walldorf. Aber am Ende des Tages ist SAP ein globaler Konzern mit Kunden in mehr als 190 Ländern. Natürlich ist unser Standort hier in Walldorf wichtig für das Unternehmen. Aber in erster Linie geht es darum, alle Mitarbeiter überall auf der Welt zusammenzubringen zu einem Team.

Das Unternehmen hatte früher bereits zwei Vorstandschefs, aber nicht für eine lange Zeit. Was wollen Sie besser machen?

Klein: Wir werden auf jeden Fall mit einer Stimme sprechen. Und ich würde sagen: Sowohl die Doppelspitze mit Hasso Plattner und Dietmar Hopp als auch die mit Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe funktionierten sehr gut. Jennifer und ich arbeiten nun seit vielen Jahren sehr erfolgreich zusammen. Wir haben sehr komplementäre Fähigkeiten. Ich bin mir sicher, dass das weiterhin sehr gut funktionieren wird.

Was sind nun Ihre Ziele?

Klein: Die sehr guten Ergebnisse fürs dritte Quartal, die wir heute vorgelegt haben, beweisen, dass unser Strategie funktioniert und dass unsere Kunden mit SAP in die digitale Zukunft gehen wollen. Für Jennifer und mich ist nun auch wichtig, die Vergangenheit zu bewahren und gleichzeitig den Weg in die Zukunft zu weisen.

Es wird also keine großen Strategie-Änderungen geben?

Klein: Nein, SAP ist heute schon in einer sehr starken Position. Auf diesem soliden Fundament wollen wir aufbauen. Wir wollen - mit der Unterstützung unserer 100.000 Mitarbeiter - das vollenden, was Bill uns hinterlässt.

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