Konkurrenz statt Kooperation

So tief ist der Graben zwischen der DHBW Mosbach und Heilbronn

Akademische Konkurrenz statt Kooperation? - Was darf man künftig in Heilbronn lehren und was nicht?

06.09.2019 UPDATE: 07.09.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 29 Sekunden

Die Diskussion über die Abschaffung der Konkurrenzklausel sorgt bei der DHBW Mosbach und DHBW Heilbronn für Grabenkämpfe. Foto: Guzy

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Die Entfernung zwischen Heilbronn und Mosbach beträgt etwa 30 Kilometer. Die können mitunter auch Welten bedeuten - oder einen tiefen Graben, wenn man die Äußerungen nimmt, die, nicht nur in der Vergangenheit, sondern jetzt auch wieder, zu den DHBW-Standorten Mosbach und Heilbronn fallen.

Begonnen hat es mit der Zweigstelle der DHBW Mosbach auf dem Bildungscampus in Heilbronn. Heftiger wurde es, nachdem Heilbronn 2014 eigenständiger Standort wurde und Reinhold Geilsdörfer, zuletzt Präsident der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Geschäftsführer der Dieter Schwarz Stiftung wurde, die mit ihren Mitteln den Ausbau des Bildungscampus Heilbronn zu einem universitären Standort von zumindest nationaler Bedeutung vorantreibt.

Die Entwicklung der DHBW Heilbronn hat man in Mosbach noch nie mit Wohlwollen gesehen, eher befürchtet, dass Heilbronn den Mosbachern das Wasser abgräbt. Der jetzt aufgetretene, neue Konflikt, bei dem es vordergründig um den Zugriff auf Lehrinhalte geht und der nun in Mosbach fast schon als existenziell empfunden wird, birgt aber auch politischen Sprengstoff.

Nachdem der Aufsichtsrat der Gesamt-DHBW im Juli empfohlen hatte, Kulturministerin Theresia Bauer (Grüne) solle die sogenannte "Konkurrenzklausel" überprüfen, wurde die Sache gezielt publik gemacht. Alarm schlug gegenüber der RNZ Mosbach Robert Zimmermann, Mitglied des Aufsichtsrats der Gesamt Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

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Bei der Standorterweiterung in Heilbronn wurde zur Sicherung, Besitzstandswahrung und wohl auch zur Besänftigung der Gemüter in Mosbach in die "Errichtungsverordnung" der DHBW Heilbronn mit dem Paragraf fünf eine Konkurrenzklausel eingefügt, nach der sich Studiengänge und -profile nicht überschneiden dürfen.

Diese Klausel ist nun Ursache der erneuten Auseinandersetzung, wobei Meinungsunterschiede zu deren Handhabung bis ins Stuttgarter Kabinett hineinreichen. Denn sie soll, um die Entwicklung in Heilbronn, vor allem im IT-Bereich, nicht weiter zu bremsen, gestrichen werden. Kulturministerin Theresia Bauer begrüßt dies, Peter Hauk (CDU) als zuständiger Minister für den ländlichen Raum lehnt es ab. Beide haben sich bereits dezidiert dazu in der Mosbacher Ausgabe der RNZ geäußert. Der Spielball liegt nun in Stuttgart im Kabinett.

Professor Harald Unkelbach, seit 2013 Präsident der IHK Heilbronn/Franken und Mitglied der Adolf Würth Geschäftsleitung, engagiert sich seit Jahren für den Ausbau akademischer Angebote und wird nicht müde, auf die "rote Laterne" hinzuweisen, die man hier bei der Zahl der Studienplätze habe. Das klingt zunächst befremdlich, ist doch die Hochschule Heilbronn bei den angewandten Wissenschaften die größte im Land und rechnet man doch etwa ab 2020 mit 10.000 Studierenden auf dem Bildungscampus - nicht zuletzt dank der Ansiedlung einer Außenstelle der TU München.

Wer sieht, wie hier immer noch weitere Bauten in die Höhe wachsen, bekommt die Attraktivität schon allein des Ortes massiv vor Augen geführt. Aber Unkelbach geht es, zumindest vordergründig, nicht um Zahlen. Im Gespräch mit der RNZ sagt er, dass die Konkurrenzklausel schon seit etwa fünf Jahren diskutiert werde, deren Abschaffung seit etwa zwei Jahren.

Er hält den Mosbacher "Lokalpolitikern" vor, Druck zu machen, obwohl sich doch die DHBW Mosbach "prächtig entwickele", was wiederum Zahlen belegten. Alle Erfahrungen hätten gezeigt, dass von Abspaltungen stets beide Standorte profitiert hätten, sagt er und führt als Beispiel die Hochschule Heilbronn mit der "Abspaltung" der Hochschule Künzelsau als Erfolgsmodell an.

Anderen "Druck macht" aber vor allem, wie Unkelbach sagt, seit Jahren die heimische Wirtschaft. Vor allem vor dem Hintergrund der Digitalisierung, nun auch IT-Studiengänge in Heilbronn anzubieten. Im IHK-Bezirk Heilbronn/Franken gebe es 2700 Unternehmen. Was diese brauchen, könne die DHBW Mosbach gar nicht leisten. Heilbronn habe 250 bis 300 Studienanfänger im Jahr. Wenn man sie nicht halte, gingen sie in andere Regionen: "Wir verlieren jeden Tag und jedes Jahr Leute, die hier studieren wollen, was aber hier nicht angeboten wird, weil bisher die Versuche, in Heilbronn digitale Studiengänge aufzubauen, von lokalen Politikern abgelehnt werden."

Damit ist man also wieder in Mosbach. Und wen er dabei im Visier hat, ist klar. Seine Empfehlung: Diese Verantwortlichen sollten sich fragen, wie es dann in der Region in 15 oder 20 Jahren aussehen werde. Man müsse um jeden Studienplatz kämpfen und um jeden froh sein. Es gehe nicht bloß um 90 Plätze, sondern um vielleicht 300. Und "in Heilbronn gibt es Leute, die das machen, was man in Mosbach gar nicht leisten kann".

Zuletzt bemühte Unkelbach auch die Geografie. Es sei doch klar, wohin Studenten aus Lauffen oder Crailsheim schon wegen der Entfernung, lieber hingingen. Auch Nicole Graf, Rektorin der Heilbronner DHBW, sieht die Aufregungen in Mosbach über die Notwendigkeiten des Standortes Heilbronn und die Aufregung um die Klausel als "emotional begründet".

Nachdem durch den Vorstoß von Zimmermann die laut Unkelbach schon länger beabsichtigte Abschaffung der Konkurrenzklausel durch das Kabinett in Stuttgart erstmals öffentlich wurde, nahm auch Dr. Achim Brötel (CDU), Landrat für den Neckar-Odenwald-Kreis, kein Blatt mehr vor den Mund. Er warf Ministerin Bauer "klarer Wortbruch" vor, nachdem sie sich für die Abschaffung eingesetzt hatte.

Ihre Begründung gegenüber der RNZ war, dass die grün-schwarze Landesregierung dafür Sorge tragen müsse, dass die Hochschulen im Land auf veränderte gesellschaftliche Anforderungen adäquat und flexibel reagieren können, und "das heißt, dass sie das nachgefragte Studienangebot vorhalten können. Die Konkurrenzklausel der Errichtungsverordnung ist dafür nicht mehr zeitgemäß".

Deutlich divergierend dazu äußerte sich Peter Hauk ebenfalls auf RNZ-Nachfrage. Die DHBW Mosbach sei "ein Flaggschiff, das nicht ohne Not geschwächt werden dürfe". Hauk, der auch die CDU-Landtagsfraktion mitreden lassen möchte, betont, dass die Entscheidung am Kabinettstisch fallen werde. Unkelbach hält wie ein Faustpfand noch dagegen, dass die "Lex Mosbach" dem Universitätsgesetz widerspreche, das die Freiheit von Wissenschaft und Kunst, Forschung, Lehre und Studium garantiere und damit auch dem Grundgesetz.

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