Hockenheim

Darum steckt das Aquadrom in der Schuldenfalle

Freizeitbad leidet an sinkenden Besucherzahlen und Personalengpass - Umbau verschlang viel Geld

05.07.2019 UPDATE: 06.07.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden

Im Lauf der Jahre hat die Besucherzahl des Aquadroms in Hockenheim stetig abgenommen. Foto: Lenhardt

Von Stefan Kern

Hockenheim. Drum herum zu reden gab es nichts mehr. Und bei einer Sitzung im Büro von Hockenheims Oberbürgermeister Dieter Gummer gab sich auch niemand die Mühe, die Sache schön zu reden oder gar zu verschleiern. Die wirtschaftliche Situation des Aquadroms ist schlecht: Belief sich das Defizit des Freizeitbads 2016 noch auf 2,1 Millionen Euro, lag es 2017 schon bei 2,5 Millionen Euro und schraubte sich für das vergangene Jahr auf nun knapp drei Millionen Euro hoch. Eine unschöne Situation, aus der das Bad mit einem ganzen Maßnahmenbündel herausmanövriert werden soll.

Dass das Aquadrom jemals schwarze Zahlen schreibt, glaubte am Tisch jedoch niemand. "Ein Freizeitbad ist gewinnbringend, oder auch nur mit einer schwarzen Null am Ende, nicht zu betreiben", verdeutlichte Gummer. Er habe aber den Traum aus dieser Defizitspirale heraus zu kommen. Bäderleiter Gregor Ries wusste genau wie die beiden Geschäftsführer der Stadtwerke Erhard Metzler (Technik) und Martina Schleicher (Kaufmännisch) sowie die Presseverantwortliche Judith Böseke, dass nicht nur das Geld das Problem ist. Auch die Besucherzahlen schwinden. 1998 verzeichnete das Hockenheimer Bad noch 442.145 Besucher. Zehn Jahre später waren es nur noch 360.745 Besucher, und 2018 dann lediglich 346.014 Besucher.

Angesichts des Alters des Bads und der deutlich härter gewordenen Wettbewerbssituation musste in den vergangenen Jahren einiges investiert werden. In Sanierung und Attraktivierung flossen zwischen 2014 bis 2018 rund 6,5 Millionen Euro. Hinzu kommen die großen Personalproblemen - derzeit sind 20 Prozent der rund 50 Mitarbeiter langzeitkrank. gerade dieser Umstand sorgt bei vielen Besuchern für Verärgerung. Allerdings könne man sich Unterstützung leider nicht züchten, gab Ries zu bedenken. "Der Markt ist wie leer gefegt."

Das Defizit und wohl in Teilen auch die sinkende Besucherzahl sind den Umbauarbeiten geschuldet. Dabei stand für Ries, Metzler und Schleicher außer Frage, dass saniert werden muss. Eine Alternative sei eine Schließung während der Bauzeit gewesen, erklärte der OB. Aber das wollte man nicht.

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In den 18 Monaten Umbauphase wäre ein Minimalverlust von geschätzt fünf Millionen Euro aufgelaufen. Und der langfristige Kundenverlust wäre mit mindestens 60.000 Euro pro Jahr zu Buche geschlagen. "Einen verprellten Kunden zurückzugewinnen, ist schwer", sagte Böseke.

Es war also klar, dass die umfassreichen Arbeiten mit der Umgestaltung des Empfangsbereichs, einem neuen Kassensystem, der Salzgrotte, einem umfassenden Technikaustausch und der Verlegung des Kleinkinderbeckens während des Betriebs funktionieren müssen. Die Arbeiten verliefen reibungslos, doch daraus resultieren gestiegene Abschreibungen von 445.000 Euro im Jahr. Was fast genau das Plus im Defizitbereich von 2017 auf 2018 erklärt. Das Aquadrom ist eine Sparte des Eigenbetriebs Stadtwerke.

Das Aquadrom und die anderen Sparten, wie Strom, Wasser oder Gas, werden als steuerlicher Querverbund behandelt, so dass betriebswirtschaftliche Verluste auf der einen Seite mit Gewinnen auf der anderen Seite verrechnet werden können. Bis dato wurde das jährliche Defizit im Freizeitbad durch die positiven Ergebnisse bei Gas, Wasser oder Strom ausgeglichen. Doch ab einem bestimmten Defizitniveau geht es ans Eigenkapital.

Um das zu vermeiden liegen nun verschiedene Ideen auf dem Tisch. Ziel für 2019 ist laut Gummer ein Defizit von höchstens 2,5 Millionen Euro. Dafür wurden erstmals seit 2008 zum 1. Juni die Eintrittspreise erhöht. Für das Jahr 2020 erwarten die Verantwortlichen, wenn es keinen Einbruch bei den Besucherzahlen gibt, ein Plus von 343.000 Euro. Unter der Woche öffnet das Freizeitbad nicht mehr wie gewohnt um 8.30 Uhr sondern erst um 10 Uhr.

Und es wird noch intensiver auf allen Kanälen Personal gesucht. Überlegt wird auch auf Sommer- und Winterbetrieb umzustellen. Das Hallenbad wäre dann im Sommer geschlossen und im Winter umgekehrt. Zudem soll geprüft werden, ob die Gastronomie und der Kiosk im Außenbereich verpachtet werden könnten. Doch alle Fünf betonten: Aufgeben ist keine Option.

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