Die Sanierung des Ganztagsgymnasiums ist abgesagt
Klarer Beschluss im Kreistag: Modernisierung des Ganztagesgymnasiums Osterburken zu teuer - Neubau wahrscheinliche Option

Statt Sanierung steht nun wohl der Neubau (über den allerdings der Kreistag noch endgültig entscheiden muss) an: Der Kreistag stimmte gestern (bei vier Enthaltungen) gegen den - zu teuer werdenden - Umbau des Ganztagsgymnasium Osterburken. Foto: Andreas Hanel
Von Alexander Rechner
Mosbach/Osterburken. Es ist eine Entscheidung, die das Leben prägt: Auf welche Schule soll mein Kind nach der vierten Klasse gehen? Wo ist es am besten aufgehoben? Für viele Eltern ist die Wahl der weiterführenden Schule nicht einfach, auch die Kreisräte hatten am Mittwochnachmittag in der Mosbacher Augusta-Bender-Schule keine einfache Wahl zu treffen. Denn sie mussten in der jüngsten Kreistagssitzung über das weitere Vorgehen in puncto Ganztagsgymnasium Osterburken (GTO) befinden. Die kreiseigene Schule in der Römerstadt kann nicht wie geplant saniert werden. Die Gründe: Eine vorliegende Schadstoffbelastung und höhere Brandschutzanforderungen machen die Erneuerung um das Mehrfache teurer als eigentlich angenommen. Nach aktuellen Schätzungen würden sich die Kosten auf rund 27 Mio. Euro erhöhen, wobei die Zuschüsse bei rund 7 Mio. Euro gleich blieben.
Hintergrund
Bürgermeister Jürgen Galm ist "geschockt"
Das Ganztagesgymnasium (GTO) gehört für Bürgermeister Jürgen Galm zu Osterburken wie der 150 Jahre alte Bahnhof oder die Römer, die vor rund 1860 Jahren hier lebten. Entsprechend geschockt und sehr überrascht
Bürgermeister Jürgen Galm ist "geschockt"
Das Ganztagesgymnasium (GTO) gehört für Bürgermeister Jürgen Galm zu Osterburken wie der 150 Jahre alte Bahnhof oder die Römer, die vor rund 1860 Jahren hier lebten. Entsprechend geschockt und sehr überrascht war Galm über die neue Entwicklung der Sanierungskosten noch am Mittwoch morgen, als ihn die RNZ um eine Stellungnahme bat. "Da schläft man nicht mehr gut", räumte er ein. Die Situation sei für alle Seiten nicht angenehm.
Die bisherige Lösung einer Sanierung wäre hinsichtlich der Kosten hervorragend gewesen. "Für mich steht jetzt die Welt völlig auf dem Kopf", räumte er ein. Ohne dem Gemeinderat vorgreifen zu wollen, sei er überzeugt, dass die Stadt ihr Möglichstes tun werde, um das beliebte Ganztagesgymnasium mit seinem herausragenden pädagogischen Konzept auch in Zukunft zu erhalten. Die Osterburkener Schule sei da anders unterwegs als andere Ganztagesschulen und müsse deshalb erhalten bleiben. Es biete jungen Menschen aus der Raumschaft und darüber hinaus die Chance für einen qualifizierten Bildungsabschluss. Man werde deshalb alles tun, damit der Schulbetrieb wie bisher weiter gehen könne.
Lösung zum Leben finden
"Alle Beteiligten müssen zusammen arbeiten, um eine Lösung zu erzielen, mit der man leben kann", so Jürgen Galm. Jürgen Galm erklärt, es sei für ihn zu früh für konkrete Zukunftsmodelle. Allein die Zahlen würden ihn erschlagen. Osterburken werde sich jedoch weiter als anerkannte Schulstadt einbringen und sei grundsätzlich gesprächsbereit, um alles für das GTO und die Schulkinder zu tun. Die Stadt müsse aber ihre finanziellen Möglichkeiten im Blick behalten. Zuvor müsse aber mehr Licht ins Dunkel kommen, fordert der Osterburkener Bürgermeister.
Für Bürgermeister Galm ist es zudem wichtig, dass der künftige Standort eines Neubaues, "nicht irgendwo" liegen könne, sondern in der Nähe der Realschule bleiben müsse. Der angedachte Schulcampus zwischen GTO und Realschule dürfe deshalb nicht hinten anstehen.
Daher gelte es, in Ruhe über die weiteren erforderlichen Schritte nachzudenken. "Vielleicht ergibt sich eine Richtung, die diese Dimension der Verdreifachung der Kosten dann relativiert", hofft er. Bürgermeister Galm kündigte an, sich aus diesen Gründen bei der Abstimmung im Kreistag der Stimme zu enthalten. (wd)
Dem sachlich geführten Meinungsaustausch und der von Landrat Dr. Achim Brötel vorgetragenen Werbung für ein Votum gegen eine Sanierung des Schulgebäudes folgte eine Abstimmung im Sinne der Verwaltung: Die Kreisräte halten (bei vier Enthaltungen) die Sanierung für nicht mehr bezahlbar und damit für nicht zu realisieren. Bei weiteren Abstimmung machte das Gremium (bei einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen) sodann den Weg für die Verwaltung frei, beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein sogenanntes "Aufgabeverfahren" einzuleiten. Aus der Behördensprache übersetzt heißt das, lediglich das Gebäude, nicht aber die Schule wird aufgegeben, was auch der Landrat betonte. Zugleich hatte er eine "gute Botschaft" verkündet: Von der Schadstoffbelastung ginge keine akute Gefahr aus, so Brötel..
Jedoch wird der Kreisrat, wie er gestern zudem beschlossen hat, eine endgültige Entscheidung über einen Neubau des Schulgebäudes erst treffen, wenn ein genehmigtes Raumprogramm vorliegt. Die Kosten für den Neubau bezifferte Architektin Dea Ecker auf rund 27 Mio. Euro. Sie bewertete einen Neubau, der zudem weniger Risiken berge, als etwas günstiger als eine Sanierung.
Der Bau der neuen Gebäude könnte jedoch nicht vor 2023 beginnen, skizzierte Achim Brötel. Jedoch müsse man auch die Frage beantworten, wer Träger des künftigen GTO und wie groß es am Ende sein solle. Schließlich sei die Schulträgerschaft eines allgemeinbildenden Gymnasiums keine Pflichtaufgabe des Kreises, sondern freiwillig - nach seiner Darstellung sogar "systemwidrig". Denn üblicherweise liege die Trägerschaft bei Gemeinden oder Städten.
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Dass heute lediglich rund 670 Schüler das GTO besuchen (im Vergleich: In den 2000er-Jahren sollen es über 1000 gewesen sein) müsse man nach Ansicht des CDU-Fraktionsvorsitzenden Karl Heinz Neser in der künftigen Raumplanung und Größe des Gebäudes berücksichtigen. Angesichts der Fragen nach Trägerschaft und Schulgröße sah der CDU-Fraktionschef noch einige "Denksportaufgaben" auf den Kreistag zukommen. Für die SPD signalisierte deren Fraktionsvorsitzende Heide Lochmann die Zustimmung, "zuerst einmal das Sanierungsvorhaben zu stoppen und das Aufgabeverfahren zu beantragen". Sie plädierte angesichts der zu erwarteten Neubaukosten, nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten und neuen zusätzlichen Partnern und Ideen zu suchen. Auch die Kreis-Grünen sind der Auffassung, dass das Gebäude nicht sanierungsfähig ist, wie Dorothee Roos unterstrich. Die künftige Planung solle nach allen Seiten offen sein, forderte die Kreisrätin. Für die Freien Wähler sah Valentin Knapp die Kosten für die Sanierung aus dem Ruder gelaufen. Er forderte bei einem Neubau feste Förderzusagen und fragte, ob man das Land nicht als Träger ins Boot holen könnte. Kreisrat Achim Walter von der FDP unterstrich, dass er schon immer für einen Neubau eingetreten sei, und sagte seine Zustimmung zu. Dagegen unterstrich Kreisrat und Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm die Gründe für seine Enthaltung (gesonderter Bericht). Angesichts der Schadstoffe, die man im Schulgebäude bei Feuerschutzanstrichen der Metallträger gefunden habe, forderte Kreisrätin Amelie Pfeiffer (Grüne) eine regelmäßige Überprüfung, die der Landrat sogleich zusagte.
Über alle Fraktionsgrenzen herrschte mit Landrat Brötel große Einigkeit bei der Bedeutung des GTO für die Schullandschaft und den Landkreis, worüber GTO-Schulleiterin Regina Krudewig-Bartel sehr froh war.



