Der Sommer teils drastische Spuren hinterlassen hat
Waldbegehung in Hardheim: Käfer und Pilze setzen dem Wald zu – "Wir sind eigentlich nur hinterhergelaufen"

Die etwa 25 Teilnehmer der Hardheimer Waldbegehung am vergangenen Freitag konnten sich einen unmittelbaren Eindruck von den teils drastischen Auswirkungen des Sommers auf den kommunalen Bestand verschaffen, wie hier im Distrikt Kappelberg. Dort treibt der Borkenkäfer sein Unwesen - und eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Fotos: Christian Hagenbuch
Hardheim. (chh) Ein Sommer, wie es ihn nur sehr selten gibt, war der in diesem Jahr. Die etwa 25 Teilnehmer der Hardheimer Waldbegehung vom vergangenen Freitag konnten sich einen unmittelbaren Eindruck von den teils drastischen Auswirkungen des Sommers auf den kommunalen Bestand verschaffen. Bürgermeister Volker Rohm und Mitglieder des Gemeinderats begaben sich unter fachkundiger Anleitung auf eine Exkursion, die neben der Zustandsbetrachtung und Schadensaufnahme aber auch einen touristischen Akzent setzte.
Erste Station war der Distrikt Kappelberg. Dort erläuterte Jörg Puchta (Forstbetriebsleitung Walldürn), unterstützt durch die Hardheimer Revierleiter Florian Pogorzelski und Klaus Hanke, den Stand der Dinge. Der Borkenkäfer hinterließ seine schädigenden Spuren, wovon zahlreiche dürre Bäume mit rot gefärbter Krone zeugen. Hinzu kam ein Zusammenspiel weiterer starker Belastungsfaktoren: "Wir haben parallel dazu auch mit der Dürre gekämpft", wie Pogorzelski erläuterte. "Teilweise innerhalb einer Woche erst gegen den Käferbefall, dann an selber Stelle gegen die Trockenheit - wir sind eigentlich nur hinterher gelaufen."
Doch damit nicht genug: Die schnelle Abfuhr als Gegenmaßnahme Nummer eins gestaltet sich mangels Verfügbarkeit von Kapazitäten äußerst schwierig. Hinzu kommt ein drastischer Preisverfall aufgrund von Überangeboten am Markt, der den erzielbaren Preis pro Festmeter Fichte von anfangs 90 bis 100 Euro auf etwa 50 Euro hat einbrechen lassen. "Und die Sägewerke geben regelmäßig den günstigen Preis eben nicht weiter - im Grunde ein Preisdiktat." Wie Hanke ergänzte, werde das Überangebot wohl bis auf Weiteres bestehen bleiben.
Anhand von Diagrammen der Station Buchen zu Temperaturen, Niederschlag, Insekten und Dürreschäden wurde die derzeit dramatische Ausgangslage weiter veranschaulicht. Der größte Unsicherheitsfaktor dabei: Wie geht es in den nächsten Jahren mit der Schadensentwicklung weiter? Insbesondere im Vergleich zum Jahrhundertsommer von 2003 wird wohl aller Wahrscheinlichkeit nach ein bedeutender Unterschied eingetreten sein. Seinerzeit kam es nicht zum Ausfliegen der dritten Käfergeneration. "Dieses Jahr vermutlich aber schon", waren sich die Forstfachleute einig.
Welche verheerenden Auswirkungen damit verbunden sein könnten, veranschaulichte Puchta anhand eines Zahlenbeispiels: Unter Ansatz durchschnittlicher Reproduktionsraten könnte sich die Anzahl des Nachwuchses auf bis zu 160 Millionen Käfer belaufen - aus einer einzigen Altfichte. "Mit diesem exponentiellen Wachstum im Rücken könnte das Käfer-Heer rein rechnerisch das gesamte Gebiet der Forstbetriebsleitung Walldürn vernichten", so Puchta.
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Mit Blick auf die Zukunft und erwartbar weiteren Wetter- bzw. Klimaschwankungen müsse man sich ernsthaft mit der Aufgabe befassen, auf Baumarten umzusteuern, die mit großer Trockenheit im Sommer besser zurechtkommen. "Das wäre zugleich die Chance, den Wald stabil umzubauen", wie Hanke darlegte. Hoffnungen ruhen außerdem auf reichlich Niederschlag in der Vegetationszeit. Pogorzelski sagte: "Das ist das A und O, dadurch hat der Käfer keine guten Entwicklungsmöglichkeiten."
Erfreulicher war die zweite Station im Distrikt Berg, wo Stephan Eirich und Sascha Herwig auf ihren Mountainbikes einen kurzen nahezu naturbelassenen Waldabschnitt herunterrasten, der zukünftig das Potenzial für eine Bergab-Radstrecke haben soll. Eine mögliche touristische Nutzung im Verbund mit den weiteren Kommunen, des Gemeindeverwaltungsverbands Walldürn und Höpfingen soll zudem mit Unterstützung des Naturparks Neckar-Odenwald realisiert werden. Wichtigste offene Frage ist derzeit die der Trägerschaft: Gemeinde oder autorisierter Verein.

Im Distrikt Berg könnten bald Radbegeisterte mit ihren Mountainbikes auf ihre Kosten kommen: Hier gibt es das Potenzial für eine Bergab-Radstrecke.
Endstation war der Distrikt Schmalberg, der von sehr trockenem und dünnem Boden sowie vornehmlich Kiefernbewuchs gekennzeichnet ist. Hier hat sich die Kiefern-Komplexkrankheit verbreitet. Neben Befall durch den Kiefernprachtkäfer wirkt hier ein Pilz schädigend, der Triebsterben verursacht. Pogorzelski informierte: "Wir haben hier immense Verluste an der Kiefer. Die große Frage bei der anstehenden Aufarbeitung wird sein, welchen Baum wir mitnehmen und welchen nicht." Eine Pilzentseuchung sei schwer und nicht in Gänze möglich. Andererseits könnte bei besseren klimatischen Bedingungen im nächsten Jahr auch eine erkennbare Erholung eintreten.
Am Ende hatten die Teilnehmer einen unmittelbaren Eindruck davon bekommen, was Bürgermeister Rohm anfangs angeführt hatte: "Diese Waldbegehung findet unter Voraussetzungen statt, die wir uns alle nicht gewünscht haben."



