An den Börsen geht die Angst um
Die Korrekturen haben sich in dieser Woche beschleunigt - Kursabstürze auch bei geringen Umsätzen

Ach du Schreck: Aktienhändler Peter Tuchman schaut an der New Yorker Börse auf eine Anzeigentafel. Der New Yorker Aktienmarkt hatte vorgestern einen seiner bisher schlimmsten Tage im Jahr 2018 erlebt. Foto: dpa
Von Thomas Veigel
Heidelberg. Die Kurse an den Börsen sinken. Und zwar weltweit. Denn auch die Sorgen und Ursachen sind global. Es ist ein hoch explosiver Mix. In immer mehr Staaten geben die Bürger das politische Ruder in die Hände von nationalistischen Globalisierungsgegnern, die die Wirtschaft in ihren Ländern durch Zölle und andere Schranken schützen wollen. Dass Protektionismus einen Schuss ins eigene Knie beinhaltet, ist historisch bewiesen, hält aber ein beratungsresistentes Alphatiere wie Donald Trump nicht davon ab, seine America-First-Strategie durchzuziehen.
In Europa sind es derzeit die Italiener, die Angst und Schrecken verbreiten. Im Moment vor allem bei den EU-Managern in Brüssel, aber die Haushaltspolitik der bunten römischen Populisten-Truppe verunsichert auch die Börsen. Dazu kommen nach unten angepasste Konjunktur-Prognosen, die den Abwärtstrend in den vergangenen Tagen auslösten.
Der deutsche Börsen-Index Dax, der nach der Finanzkrise von der Nullzins-Politik und dem weltweiten Wachstum profitierte und von unter 4000 Punkten im Jahr 2009 auf fast 13.600 Punkte im Januar dieses Jahres gestiegen war, erlebt derzeit eine Seitwärtskorrektur. Das ist noch kein Crash. Nach dem Hoch im Januar fiel der Dax bereits im März auf das am gestrigen Donnerstag erreichte Niveau von rund 11.700 Punkte und stieg wieder auf über 13.000 Punkte im Mai.
Besorgniserregend ist allerdings der deutliche Abwärtstrend in dieser Woche und die ausbleibende Gegenbewegung. Auch das hat seine Gründe. Zum einen nimmt die Verunsicherung zu, zum anderen ist der Markt überinvestiert. Das heißt, den großen Investoren fehlt die Liquidität, um bei deutlichen Kursrückgängen einzelner Aktien nachzukaufen.
So hat die BASF-Aktie in diesem Jahr fast 30 Prozent an Wert verloren. Das ist eine Wertvernichtung von über 25 Milliarden Euro. Und das bei oft geringen Umsätzen. In dieser Woche lag der Wertverlust bei etwa sieben Milliarden Euro. Der wurde erreicht bei einem Umsatz mit Aktien von teilweise weniger als zehn Millionen Euro an einem Tag. Am Donnerstag fiel die Aktie der BASF erstmals seit mehr als zwei Jahren unter 70 Euro. Der Höchstkurs in diesem Jahr hatte 98,80 Euro im Januar erreicht. Seit 2015 hatte sich der Kurs der BASF-Aktie seitwärts entwickelt, war in den Jahren zuvor aber auch deutlich gestiegen. Vor der Finanzkrise hatte der Kurs der BASF-Aktie im Jahr 2007 bei rund 50 Euro gelegen.
HeidelbergCement hat es noch schlimmer erwischt als die BASF. Der Kurs der Aktie des sehr konjunkturabhängigen Unternehmens fiel in diesem Jahr von über 95 Euro auf rund 62 Euro am Donnerstag. Das dritte regionale Unternehmen aus dem DAX kam bisher glimpflicher davon: SAP verlor seit dem Höchststand in diesem Jahr, der erst Ende September erreicht worden war, rund zehn Prozent.
Deutliche Verluste erlebte auch die Aktie der Heidelberger Druckmaschinen AG. Seit dem 52-Wochen-Hoch von über 3,50 Euro hat der von Leerverkäufern gejagte Wert über 40 Prozent verloren, am gestrigen Donnerstag rutschte der Kurs im Tagesverlauf sogar unter die Zwei-Euro-Marke. Damit würde sogar der Leerverkäufer mit dem größten Anteil von fast fünf Prozent, Immersion Capital, beim aktuellen Kurs Gewinn machen.
Wie wird es weitergehen an den Börsen? Das weiß niemand. Ausgeschlossen scheint ein deutlicher Anstieg über die in diesem Jahr erreichten Höchststände. Ob es weiter seitwärts geht oder deutlich nach unten, hängt an der wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Monaten, an Zahlen der Unternehmen und an den Aktivitäten der Politik. In jedem Fall bleibt es spannend.



