CDU zu Sperrzeiten in Heidelberg

"Der studentische Donnerstag hat Tradition"

Fraktionsvorsitzender verteidigt die neue Regelung – Ein Nachtbürgermeister wäre sinnvoll

27.07.2018 UPDATE: 28.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 48 Sekunden

"Ich bin schon ein bisschen enttäuscht, dass Bürgermeister Erichson nur auf die Sperrzeiten gesetzt hat", sagt CDU-Fraktionschef Jan Gradel. Foto: Friederike Hentschel

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Die neuen Kneipenöffnungszeiten für die Kernaltstadt werden teils heftig diskutiert. Am Ende war es der Vorschlag der CDU, die Sperrzeiten in den Nächten auf Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag auf 1 Uhr, in der Nacht auf Freitag auf 3 Uhr und am Wochenende auf 4 Uhr festzulegen. Der Antrag ging im Gemeinderat mit knapper Mehrheit durch. Im Interview mit der RNZ spricht Fraktionschef Jan Gradel über die Beweggründe.

Nach der Entscheidung gab es scharfe Kritik von Anwohnern. Hat Sie das überrascht?

Nein. Die Kritik einiger Altstädter, insbesondere des Vereins Alt-Heidelberg und von "Linda", waren zu erwarten. Wir haben versucht, einen Ausgleich herzustellen, zwischen den Interessen der Bewohner und den Nachtschwärmern. Und ich denke, das ist uns gelungen.

Die Lärmgrenze, ab der Gesundheitsgefahren für die Anwohner zu erwarten seien, werde werktags in der Nacht um 2 Uhr überschritten, heißt es in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom März. Wie können Sie da den "studentischen Donnerstag", an dem Sie bis 3 Uhr öffnen wollen, rechtfertigen?

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In der Urteilsbegründung steht auch, dass man die Lärmbelastung für die Anwohner nicht nur an Sperrzeiten festmachen kann. Der "studentische Donnerstag" hat in Heidelberg Tradition. Der VGH hat uns ja auch keine festen Sperrzeiten vorgeschrieben, sondern nur betont, dass die Interessen der Betroffenen abgewägt werden müssen.

Wurde in der CDU-Fraktion nicht darüber diskutiert, dass Ihr Vorschlag zu den Sperrzeiten rechtlich problematisch sein könnte?

Doch. Wir haben das in der Fraktion offen diskutiert. In unserer ersten Version war es auch tatsächlich so, dass wir den studentischen Donnerstag gekippt hatten. Am Ende haben wir das aber rückgängig gemacht, denn die Nacht zum Freitag hat in der Kneipenszene Heidelbergs eine große Bedeutung. Er ist für die älteste Studentenstadt in Deutschland wichtig.

Zusätzlich zu den Sperrzeiten wurde im Gemeinderat ein Maßnahmenpaket beschlossen, das den Lärm reduzieren soll. Worin legen Sie die größte Hoffnung?

Ich denke, drei Maßnahmen sind am wichtigsten. Die erste ist die Einrichtung von Verantwortungszonen von Gastronomen. Sie sollen auch im weiteren Umfeld für Ordnung sorgen. Tun sie das nicht, können sie zur Rechenschaft gezogen werden. Zur Not könnten wir auch die Sperrzeiten wieder ausdehnen. Wichtig ist aber auch die personelle Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes und die Einsetzung eines Nachtbürgermeisters. Das muss jemand sein, der die Szene kennt und Kontakte zu den Wirten, den Studenten und den Anwohnern hat.

Das kostet alles Geld. Eine Aufstockung des Ordnungsdienstes lässt sich nicht sofort umsetzen. Die Sperrzeiten treten aber am 2. August in Kraft. Sollen die Anwohner so lange leiden?

Wir sind nicht die Exekutive. Bürgermeister Erichson hätte schon längst lärmreduzierende Maßnahmen vorschlagen können. Ich bin schon ein bisschen enttäuscht, dass er allein auf die Sperrzeiten gesetzt hat und nicht selbst weitere Maßnahmen ins Spiel gebracht hat. Um das Maßnahmenpaket schnell umzusetzen, sind wir jetzt aber bereit, auch außerplanmäßige Mittel bereitzustellen. Wir wollen zeitnah Verbesserungen. Natürlich müssen wir den Erfolg der Maßnahmen auch mit einem neuen Lärmgutachten überprüfen.

Die CDU selbst hätte auch schon früher lärmreduzierende Maßnahmen vorschlagen können.

Das haben wir. Wir haben auch in der Vergangenheit immer wieder auf den "Runden Tisch Altstadt" hingewiesen und signalisiert, dass wir sinnvolle Vorschläge auch finanzieren werden. Zudem haben wir schon längst Dinge beschlossen, die bis heute nicht umgesetzt sind, zum Beispiel eine bessere Busanbindung.

Sollte ein Nachtbürgermeister sich auch um das Nachtleben abseits der Altstadt kümmern? Zum Beispiel um neue Clubs?

Das ist sicherlich sinnvoll. Darüber hinaus arbeiten wir an weiteren Vorschlägen, wie man die Clubkultur stärken kann. Dabei geht es auch um eine Entbürokratisierung, von der neben den Stadtteilfesten auch die Clubs profitieren könnten. Denkbar ist zum Beispiel, dass wir Clubs und Vereine von Gema-Gebühren befreien könnten. Es gibt auch Überlegungen, wie man neue Angebote für junge Leute Schaffen kann.

Viele junge Leute, die gerne feiern gehen, fühlen sich in Heidelberg nicht willkommen. Die Neckarwiese wird mit Flutlicht angestrahlt, die Feier auf der Thingstätte verboten, die Clubs geschlossen, die Sperrzeiten verlängert. Was antworten Sie diesen Leuten?

Wir sind nicht diejenigen, die Clubs geschlossen haben, hier sind der Kommunalpolitik Grenzen gesetzt. Und die Sperrung der Thingstätte war eine Maßnahme der unteren Polizeibehörde, weil sie nicht für die Sicherheit der Besucher garantieren konnte. Trotzdem haben wir das Thema im Blick. Auch unser Kompromissvorschlag für die Sperrzeiten zeigt, dass junge Leute in Heidelberg gehört werden.

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