Fliegen wie damals

Rundflug mit der Junkers 52 über die Metropolregion (plus Video/Fotogalerie)

16 Passagiere genossen ihren Rundflug in der "Tante Ju" – Elektronik gibt es im Cockpit nicht

28.05.2018 UPDATE: 29.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Von Altersmüdigkeit keine Spur: Eine der letzten noch flugfähigen Junkers 52-Maschinen steht auf dem Rollfeld des Flughafen in Speyer. Von hier aus drehte sie ihre Runde. Foto: Neumayr

Von Philipp Neumayr

Speyer. Der Tower hat grünes Licht gegeben, freie Startbahn. Die Motoren heulen kurz auf. Sie ächzen und jammern. Beschleunigung auf 120 Stundenkilometer. Dann hebt die Maschine ab. Ein bisschen widerwillig, ein bisschen träge, aber sie schafft es. Der grenzenlosen Weite des Himmels entgegen. Dorthin, wo ihr Zuhause ist.

Ihren Jungfernflug hatte die "Berlin-Tempelhof" im Jahr 1936. Seit nunmehr 82 Jahren fliegt die "Berlin-Tempelhof" durch die Lüfte. Sie ist eine der letzten verbliebenen flugfähigen Junkers 52-Maschinen. Doch von Altersmüdigkeit keine Spur.

Jedes Jahr, zwischen April und Oktober startet sie zu mehreren Hundert Rundflügen über die Republik. Nun machte die "Ju" auch in Speyer Halt. Für 16 Passagiere aus der Metropolregion ging es von dort aus über Heidelberg bis in den Odenwald und wieder zurück. Auch die RNZ war mit dabei.

"Für jeden, der nur ein bisschen was fürs Fliegen übrig hat, ist es einfach ein Traum, in die Ju zu steigen", sagt Thomas Kreimeier. Der 54-Jährige wohnt in Speyer, ist Flugkapitän bei der Lufthansa und einer von gerade einmal 25 zugelassenen Piloten, die den dreimotorigen Oldtimer der Deutsche-Lufthansa-Berlin-Stiftung in ihrer Freizeit steuern dürfen.

Ein begehrter Job: Auf eine Stelle als "Tante-Ju"-Pilot bewerben sich oft weit mehr als 100 Flugzeugführer. Kreimeier, eigentlich auf dem Airbus unterwegs, hat viel von der Welt gesehen, Tausende Flugkilometer zurückgelegt. In das kleine Cockpit der silbernen Maschine zu steigen, sei aber auch für ihn etwas ganz Spezielles, verrät er. "Das ist ein bisschen wie VW-Käfer fahren. Die Motoren müssen jedes Mal aufs Neue richtig zum Leben erweckt werden."

Dass die drei 600 PS starken Motoren des altehrwürdigen Fliegers auch das machen, was sie sollen, dafür sorgt Martin Pappert. Pappert war von 1980 bis 2010 für die Lufthansa aktiv, zunächst als Flugingenieur, später als Pilot.

Seit mittlerweile zehn Jahren fliegt er auf der Propellermaschine, deren Erscheinung so herrlich antiquiert daherkommt: außen Wellblech, innen Ledersitze, beige Verkleidung, Stoffvorhänge und Holzlenkräder. Fliegen wie damals. "Hier geschieht alles noch von Hand. Elektronik, das gibt es nicht", erklärt Pappert.

Umso mehr ist seine Expertise gefragt, etwa wenn es um die Ausrichtung des Flugzeugs geht, die Überwachung der Treibstoffversorgung oder die Bedienung der Triebwerke. Trotz der vielen Aufgaben - zwischendurch hat selbst Pappert ein wenig Zeit, aus dem Fenster zu blicken: "Schön, nicht?"

Der Ausblick von 1800 Fuß Höhe hat es auch Herbert Schupp aus Waldwimmersbach angetan. Der 74-Jährige hat den Rundflug gemeinsam mit seiner Frau von seinen beiden Söhnen zur Goldenen Hochzeit geschenkt bekommen. Obwohl es bereits sein zweiter Flug mit der "Ju" ist, meint Schupp, der früher für die Bundeswehr als Fallschirmjäger unterwegs war: "Das hat einfach einen ganz speziellen Charme."

Zum ersten Mal mit an Bord einer Junkers-Maschine sind Peter Walden und seine Frau Renate. Walden war selbst 34 Jahre lang Pilot für die Lufthansa und hat 25.000 Flugstunden gesammelt. Beim Flug mit der Junkers schwingt beim Handschuhsheimer, der heute im Ruhestand ist, natürlich auch ein bisschen Wehmut mit: "Die Fliegerei verlässt einen einfach nicht. Es tut immer wieder gut, Kerosin zu riechen."

Ein paar Schnappschüsse, ein paar Selfies, ein letzter Blick auf die Burg Dilsberg. Dann macht der brummende Oldtimer auch schon wieder kehrt. Bei Sonne und fast wolkenlosem Himmel, mit 190 Stundenkilometern geht es über den Heiligenberg und Kirchheim, vorbei am Schwetzinger Schloss und am Hockenheimring zurück nach Speyer.

Der ein oder andere darf noch einen Blick in die schmale Pilotenkanzel werfen, bevor Pilot Walden und sein Co, Stefan Hauke, den Sinkflug einleiten und die "Ju" erneut den Erdboden berührt. "Bitte bleiben Sie noch so lange auf Ihren Sitzen, bis wir unsere endgültige Parkposition erreicht haben", dringt es über die Lautsprecher durch den Bauch der Maschine. Es folgt: Applaus. Leise und höflich. So, wie es sich gegenüber einer alten Dame gehört.

Info: Wer Interesse an einem Flug mit der Ju 52 hat, kann sich im Internet unter www.dlbs.de über Flugtermine und -preise informieren. 

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.