Rettungsleitstelle in Ladenburg

Haben Mitarbeiter in Ladenburg vorsätzlich Notrufe nicht angenommen?

Schwere Vorwürfe gegen die Rettungsleitstelle in Ladenburg - Arbeiter-Samariter-Bund kündigt Zusammenarbeit - Leitstelle dementiert

18.04.2018 UPDATE: 19.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 50 Sekunden

Die Rettungsleitstelle Rhein-Neckar sieht sich schwerwiegenden Vorwürfen ausgesetzt: Mitarbeiter sollen Notrufe nicht angenommen und damit den Einsatz der Rettungskräfte verzögert haben. Foto: Kalaene

Von Stefan Hagen

Heidelberg/Rhein-Neckar. Jahrelang haben sich Heidelberg und Mannheim um den künftigen Hauptsitz der sogenannten Bereichsübergreifenden Integrierten Leitstelle Rhein-Neckar gestritten. Dort sollten die Notrufe von Feuerwehr und Rettungsdienst aus den beiden Großstädten und dem Rhein-Neckar-Kreis auflaufen. Aktuell befindet sich die Integrierte Leitstelle in Ladenburg.

Nach langen, nicht immer stressfreien Verhandlungen hat man sich nach RNZ-Informationen schließlich darauf geeinigt, dass es ab 2019 zwei Leitstellen geben wird - eine für die Stadt Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis in Ladenburg und eine weitere in Mannheim. Es schien also Ruhe eingekehrt, doch jetzt gibt es schon wieder Ärger.

Träger der Leitstelle in Ladenburg sind im Augenblick der Rhein-Neckar-Kreis sowie das DRK Mannheim und das DRK Rhein-Neckar/Heidelberg. 49 Mitarbeiter koordinieren hier die Rettungseinsätze. Das DRK wird dabei vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) unterstützt. Jetzt hat der ASB die Zusammenarbeit zum 30. September aufgekündigt - betroffen sind sieben Vollzeitstellen.

Im Kündigungsschreiben, das der RNZ vorliegt, wird von "einer unbefriedigenden Situation innerhalb der Leitstelle" gesprochen. Darauf habe man die Träger mehrfach hingewiesen. In diesem Zusammenhang habe man auch die schlechte Führung der Mitarbeiter und auch die Kommunikation bemängelt. Zu ihrem Bedauern, schreiben Vorstand Peter Piesche und Geschäftsführer Joachim Schmid, hätten sich bis heute keine Verbesserungen der Arbeitsbedingungen erreichen lassen.

Nach ihrem Informationsstand gebe es "signifikante Ausfallzeiten" beim Personal des Trägers der Leitstelle - Mitarbeiter des ASB würden sich deshalb beschweren, dass sie überlastetet seien. Zudem sehe man sich Anfeindungen durch die Leitstellenleitung und die Disponenten des DRK ausgesetzt. Aufgrund dieser unzumutbaren Arbeitsbedingungen könnten kaum noch Mitarbeiter dazu bewegt werden, in der Leitstelle zu arbeiten.

"Wir wurden von dieser Kündigung völlig überrascht", sagt Caroline Greiner von der Geschäftsstelle Integrierte Leitstelle auf RNZ-Nachfrage. Noch im gleichen Atemzug weist sie die Vorwürfe des Arbeiter-Samariter-Bundes zurück. Die Arbeitsbedingungen seien in Ordnung, von einem Zerwürfnis könne keine Rede sein. Aber auch wenn der ASB sich zurückziehe, bleibe die Leistungsfähigkeit der Leitstelle vollauf erhalten.

Ins gleiche Horn stößt Christoph Schauder, Dezernent für Ordnung/Gesundheit im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis - und damit unter anderem zuständig für die Leitstelle in Ladenburg. "Die vom ASB aufgeführten Gründe können wir nicht akzeptieren", sagt Schauder. Man sei in einem konstruktiven Dialog gewesen, die Kündigung aus heiterem Himmel sei kein guter Stil. Überhaupt sei man mitten in einem Prozess zur weiteren Optimierung der Qualität. "Mir drängt sich der Eindruck auf, dass der ASB mit den Veränderungen nur bedingt Schritt halten kann", sucht er nach einer Erklärung. Aber die Lücke, die der Weggang der ASB-Disponenten hinterlasse, "werden wir schnell schließen".

Doch damit nicht genug: Nach SWR-Informationen gibt es bei der Leitstelle Probleme, die vor allem für Notfallpatienten gefährlich sind. Der Sender zitiert dabei aus Protokollen von verschiedenen Mitarbeiterversammlungen. Demnach gebe es Vorwürfe, dass einzelne Mitarbeiter bei Notrufen einfach nicht an den Apparat gegangen seien. Zudem würden unwichtige Telefonate geführt und so Notrufleitungen blockiert.

Der Qualitätsbericht der Stelle zur Qualitätssicherung im Rettungsdienst in Baden-Württemberg komme zu dem Ergebnis, dass die Leitstelle Rhein-Neckar die schlechteste Annahmezeit von Notrufen in Baden-Württemberg habe.

Harte Vorwürfe, gegen die sich Caroline Greiner gegenüber der RNZ vehement zur Wehr setzt. "Dass Mitarbeiter Anrufe vorsätzlich nicht annehmen, weise ich entschieden zurück." Dies könne gar nicht sein, "es gibt doch einen Berufsethos".

Das schlechte Ergebnis im Bezug auf die Annahmezeit räumt Greiner ein. 2016 seien dies in Ladenburg rund zehn Sekunden gewesen, der Durchschnitt landesweit habe sechs Sekunden betragen. "Das ist nicht gut", gibt sie zu. Aber das Ganze sei aus dem Kontext gerissen. Beim Bericht der Qualitätssicherung gebe es schließlich zahlreiche Parameter, nicht nur die Annahmezeit.

Hinsichtlich der Personalsituation habe man bereits vor längerer Zeit einen externen Gutachter eingeschaltet und dessen Empfehlungen sukzessive umgesetzt - unter anderem sei das Personal aufgestockt worden. "Ich finde es äußerst bedauerlich, dass unsere Mitarbeiter so durch den Schmutz gezogen werden", ärgert sich Greiner. "Denn sie machen einen tollen Job."

Auch Dezernent Schauder ist entsetzt über den Vorwurf, Mitarbeiter könnten mit voller Absicht einen Notruf nicht entgegengenommen haben. "Das übersteigt absolut meine Vorstellungskraft." Solche unbewiesenen Vorwürfe in den Raum zu stellen, sei schlicht und einfach unredlich. Künftig, so Schauder, werde man die hervorragende Zusammenarbeit mit der Leitstelle der Berufsfeuerwehr Heidelberg noch intensivieren.

Dies gelte ganz besonders für die geplante Neustrukturierung der Rettungsdienste und damit für die Zeit nach dem 1. Januar 2019. Und auch wenn die Integrierte Leitstelle in Ladenburg bleibe, "sind wir immer Partner auf Augenhöhe", versichert der Ordnungsdezernent.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.