Am Sonntag heißt es: Ja oder Nein
Herold Pfeifer ist bei der Wahl am Sonntag der einzige Kandidat. Die Wahl ist dennoch nicht sicher.

Herold Pfeifer war der einzige Kandidat bei der Wahl. Foto: Alex
Neckarsteinach. (cm) Keine Plakate, keine Infostände: Nichts deutet im Stadtbild darauf hin, dass an diesem Sonntag, 15. April, im hessischen Neckarsteinach Bürgermeisterwahl ist. Wahlkampf? Fehlanzeige! "Wahlkampf gibt es nur bei mehreren Kandidaten", sagt Herold Pfeifer. Der seit sechs Jahren amtierende Rathauschef ist am Sonntag der einzige Bewerber - und er wirbt dafür, dass die Neckarsteinacher an die Urnen gehen und für ihn stimmen. Denn anders als in Baden-Württemberg, wo eine Bestätigung im Amt bei nur einem Kandidaten als reine Formsache gilt, kann sich ein alleiniger Kandidat in Hessen da nicht ganz sicher sein (siehe auch Artikel rechts). Denn wenn es hier nur einen Kandidaten gibt, können die Wähler ankreuzen, ob dieser im Amt bleiben soll oder nicht. Am Sonntag heißt es also: Ja oder Nein.
Hintergrund
Ein Bürgermeister in Hessen eine andere Stellung als in Baden-Württemberg. Die wichtigsten Unterschiede:
> Die Amtszeit eines Bürgermeisters in Hessen beträgt sechs Jahre. In Baden-Württemberg sind es acht Jahre.
> Tritt
Ein Bürgermeister in Hessen eine andere Stellung als in Baden-Württemberg. Die wichtigsten Unterschiede:
> Die Amtszeit eines Bürgermeisters in Hessen beträgt sechs Jahre. In Baden-Württemberg sind es acht Jahre.
> Tritt nur ein Kandidat in einer hessischen Kommune - wie nun in Neckarsteinach - an, müssen die Wähler Ja oder Nein ankreuzen - also für oder gegen den Kandidaten stimmen. Für den Wahlsieg braucht der Bewerber mehr als die Hälfte der Stimmen. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, muss die Stelle erneut ausgeschrieben werden und es können sich auch neue Bewerber melden. Dies gilt auch für den Fall, dass es genauso viele Ja- und Nein-Stimmen gibt. Tritt in Baden-Württemberg nur ein Kandidat an, gibt es kein Nein. Die Wähler können aber eine andere wählbare Person auf den Stimmzettel schreiben. Das geht in Hessen nicht.
> Treten mehrere Kandidaten an und erreicht kein Bewerber mehr als die Hälfte der Stimmen, kommen die zwei Bewerber mit den meisten Stimmen in den zweiten Wahlgang. Anders als in Baden-Württemberg, können dann keine neuen Kandidaten einsteigen.
> Die Stellung des Bürgermeisters ist in Hessen anders. In Baden-Württemberg ist er Vorsitzender des Gemeinderates und stimmt mit - in der Stadtverordnetenversammlung einer hessischen Kommune stimmt er nicht mit. Der ehrenamtliche Stadtverordnetenvorsteher leitet die Sitzungen, in denen der Bürgermeister den Magistrat vertritt - ein Verwaltungsorgan mit ehrenamtlichen Stadträten. (cm)
Herold Pfeifer ist entsprechend vorsichtig: "Ich bin abergläubisch und habe noch keine Plätze für eine Wahlparty reserviert", sagt der 62-Jährige. "Das wird spontan." Vor sechs Jahren hat sich Pfeifer, der der SPD angehört, aber als unabhängiger Kandidat antritt, im ersten Wahlgang mit 51,9 Prozent der Stimmen gegen den CDU-Bewerber Marcus Pritsch durchgesetzt. Sein Ziel für dieses Wahl lautet: zweimal 50 Prozent. Zum einen eine Wahlbeteiligung über 50 Prozent und zum anderen mindestens 50 Prozent Ja-Stimmen. Denn mehr als die Hälfte der Wähler muss mit Ja stimmen, damit der Bürgermeister im Amt bleibt.
"Ich bin noch fit und noch nicht reif für die Rente", sagt der 62-Jährige. "In einem anderen Beruf würde ich auch bis 68 arbeiten." Das "wunderschöne Amt" des Bürgermeisters erfülle ihn, sagt Pfeifer: "Außerdem habe ich versprochen, dass ich noch einmal antrete, wenn ich fit bin - und das halte ich ein." Zudem sei er noch nicht fertig: "Ich habe so viel angefangen, das ich noch beenden will."
So will Herold Pfeifer bei einer Wiederwahl die Konsolidierung des Haushalts fortsetzen. Wenn möglich, sollen schwerzhafte Maßnahmen wie die Erhöhung der Grundsteuer auf 700 Prozent - seinerzeit die höchste in ganz Hessen - wieder zurückgefahren werden. Das Land hatte sogar 980 Prozent gefordert. "Wir müssen aber auch einen Sanierungsstau abarbeiten", sagt Pfeifer. Der Rathauschef will außerdem wieder einen Hausarzt in die Stadt holen. Nach dem überraschenden Aus für die bisherige Praxis hat Pfeifer viele Gespräche gefüht. "Vor sechs Jahren gab es die gleiche Situation und damals ist es gelungen", sagt er.
Außerdem will Pfeifer neuen Wohnraum für junge Familien, aber auch Senioren schaffen. "Niemand soll im Alter Neckarsteinach verlassen müssen", sagt der 62-Jährige. Ein Pflegeheim mit 60 Plätzen ist in Planung. Wahrscheinlich muss wegen des erwarteten Zuzugs von Familien auch die Kinderbetreuung ausgebaut werden. Auch Kultur und Tourismus will Pfeifer weiter fördern, zudem soll die interkommunale Zusammenarbeit mit Hirschhorn weiter ausgebaut werden. "Mein Ziel bleibt eine Fusion", sagt Pfeifer. Bei allen Themen setzt der Bürgermeister auf Konsens. Bisher sei ein solcher in den Gremien stets erreicht worden. "Ich trage keine Parteibrille, sondern eine Holzbrille", sagt Pfeifer.
Bei seiner Kandidatur weiß Pfeifer seine Genossen von der SPD hinter sich, auch die Freien Wähler haben sich für ihn ausgesprochen. In der CDU gibt es unterschiedliche Ansichten, wie der Fraktionssprecher Gerhard Funck sagt: "Jeder muss selbst die Arbeit des Bürgermeisters selbst beurteilen, es gibt ja die Wahl zwischen Nein und Ja." Die Grünen geben derweil keine Empfehlung ab.
3115 Neckarsteinacher sind am Sonntag aufgerufen, ihr Kreuzchen zu setzen. Bis Mitte der Woche hatten knapp 270 Bürger Briefwahl beantragt. "Ein normaler Wert für eine Bürgermeisterwahl", sagt Wahlleiter Matthias Merscher. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr gab es um die 600 Briefwähler. Die Kernstadt ist am Sonntag in zwei Wahlbezirke unterteilt, beide Wahllokale sind im Rathaus. Außerdem gibt es Wahllokale in den Stadtteilen. Das Ergebnis wird gegen 18.45 Uhr im Rathaus bekanntgegeben.



