Warum Heidelbergs Gemeinderat Nein sagt
Zumindest zu derjenigen, die in Leimen entstehen soll - Gemeinderatsmehrheit fürchtet um die beiden Heidelberger Standorte
Von Steffen Blatt
Der Heidelberger Gemeinderat stellt sich gegen die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule im Leimener Stadtteil St. Ilgen. Bei einem solchen Vorhaben werden die Umlandkommunen im Zuge der regionalen Schulentwicklung automatisch miteinbezogen mit dem Ziel, einen Konsens herzustellen. Im Sommer fanden Gespräche statt, eine Einigung gab es jedoch nicht, und darum verweigerte der Gemeinderat nun das Einvernehmen.
Das Gremium stimmte am Donnerstagabend mit 21:15 Stimmen und bei vier Enthaltungen für den entsprechenden Vorschlag der Stadtverwaltung. Die Ratsmehrheit befürchtet, dass eine Gemeinschaftsschule in St. Ilgen - dort soll die bestehende Werkrealschule umgewandelt werden - die beiden Heidelberger Standorte in Kirchheim (Geschwister-Scholl-Schule) und auf dem Boxberg (Waldparkschule) sowie die Internationale Gesamtschule (IGH) in Rohrbach gefährdet.
Schulbürgermeister Joachim Gerner präsentierte Zahlen: Derzeit besuchen 75 Schüler aus dem möglichen Leimener Einzugsgebiet die beiden Heidelberger Gemeinschaftsschulen. Würde nur die Hälfte auf die neue Bildungseinrichtung in Leimen wechseln, könnten die Anmeldezahlen in Heidelberg unter die kritische Grenze von 40 fallen. Dann wäre die Zweizügigkeit - also zwei Klassen in jedem Jahrgang - gefährdet, die organisatorisch und pädagogisch aber zwingend erforderlich seien. An der IGH sind 311 Schüler angemeldet, die potenziell auch die Leimener Gemeinschaftsschule besuchen könnten. "Wir wollen in unsere Schulen investieren, etwa in eine Mensa an der Waldparkschule oder in neue Räume an der Geschwister-Scholl-Schule. Das können wir aber nur tun, wenn die Standorte sicher sind", warb Gerner für die Zustimmung.
Dabei hatte er unter anderem die SPD und die CDU auf seiner Seite. Anders sahen die Sache die Grünen, sie stimmten gegen den Verwaltungsvorschlag. "In ganz Deutschland sind die Grundschulen mit Lehrern unterversorgt, weil es mehr Schüler gibt als vorhergesagt. Man kann davon ausgehen, dass diese Welle in zwei Jahren auch die weiterführenden Schulen trifft", argumentierte Oliver Priem. Daher sehe seine Fraktion keine Gefahr für die Heidelberger Einrichtungen. Und Beate Deckwart-Boller ergänzte: "Es ist ziemlich unkollegial, anderen zu verweigern, was wir gut finden." Ähnlich argumentierte die Bunte Linke.
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Anke Schuster (SPD) hielt es für Schüler aus dem Umland hingegen für zumutbar, nach Heidelberg zu pendeln. "Ich bin im Schwarzwald aufgewachsen, da geht es um ganz andere Strecken zur Schule", sagte sie. Und CDU-Rat Alexander Föhr wies darauf hin, dass die Schülerzahlen an Gemeinschaftsschulen landesweit um acht Prozent gesunken seien. "Gut die Hälfte der Schulen im Land hat gar keine Zweizügigkeit mehr." Darum seien die Bedenken in Heidelberg berechtigt. In Leimen bedauert man die Entscheidung. "Aber wir haben uns das gut überlegt, alles durchgerechnet und haben ein gutes Konzept, hinter dem alle Beteiligten stehen", sagt Stadtsprecher Michael Ulrich.
Heidelberg ist jedoch nicht die einzige Kommune, der die Gemeinschaftsschule in St. Ilgen nicht passt. Auch Wiesloch und Nußloch haben sich dagegen ausgesprochen. Walldorf, Sandhausen und Bammental hingegen sind einverstanden. Wird nun in einem Schlichtungsverfahren beim Regierungspräsidium Karlsruhe kein Konsens erzielt, muss das Kultusministerium in Stuttgart entscheiden.