Schule stellt sich Herausforderungen

Theodor-Heuss-Realschule Walldorf feiert 50-jähriges Jubiläum

Die Raumnot hat Tradition und Inklusion ist längst Normalität

02.06.2017 UPDATE: 06.06.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 2 Sekunden
Die Walldorfer Theodor-Heuss-Realschule. Foto: Rößler

Walldorf. (rö) Was haben Sandhausens Bürgermeister Georg Kletti, Fußball-Profi Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach und der in der Region bestens bekannte Schlagzeuger Johannes Willinger gemeinsam? Alle drei waren Schüler der Theodor-Heuss-Realschule Walldorf und treffen sich vielleicht am Samstag, 15. Juli, wenn die Schule ab 17 Uhr ihre Ehemaligen zur großen Fete aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums einlädt. Bürgermeister, Fußballer, Musiker - das zeigt aber auch, wie heterogen die "Kundschaft" einer Realschule ist. "Früher waren wir Zulieferer für qualifizierte Ausbildungsberufe", sagt Rektor Helmut Hibschenberger im Pressegespräch zum Jubiläum. "Das hat sich sehr verändert." Nach seinen Worten machen heute nur noch ungefähr 20 Prozent der Absolventen direkt nach der Mittleren Reife eine Ausbildung, 40 Prozent zieht es auf Berufskollegien, ebenfalls 40 Prozent machen sich auf den Weg zum Abitur. "G9 gibt es noch", sagt Hibschenberger trocken.

Die Theodor-Heuss-Realschule hat heute über 900 Schüler und zählt damit zu den größten drei Realschulen in Baden-Württemberg, es waren auch schon deutlich über 1000 Schüler. "Wir lassen nicht mehr alle zu und lehnen alle ab, die nicht aus Walldorf, St. Leon-Rot und Sandhausen kommen", erklärt der Rektor. Trotzdem erreichten ihn praktisch täglich Anfragen aus Wiesloch, Altlußheim oder Hockenheim und anderen Gemeinden. Für die Schule ein schönes Kompliment, dass sie attraktiv ist - und das, nachdem vor wenigen Jahren, zur Zeit der grün-roten Landesregierung, sogar die Zukunft aller Realschulen in den Sternen stand. "Und jetzt bieten wir demnächst den Hauptschulabschluss an", sagt Hibschenberger.

Gemeinschaftsschule wollte die Theodor-Heuss-Realschule nie werden. Einerseits weil man wollte, "dass es die Waldschule weiter gibt", so Hibschenberger. Zum anderen aber, weil man am Standort schon immer mit Raumnot zu kämpfen habe und keinesfalls Platz für zusätzliche Räume für Differenzierung und Individualisierung gehabt hätte. "Das war dann schnell vom Tisch", sagt Konrektor Thomas Lazarus. "Und trotzdem sind wir im Prinzip Gemeinschaftsschule", erklärt Hibschenberger. Inklusion macht man hier schon seit vielen Jahren, es gibt autistische Kinder und Schüler mit Hör- oder Sehschwäche, die mit dem Ziel Realschulabschluss beschult werden. Seit zwei Jahren werden zudem auch zwei geistig Behinderte und acht Förderschüler unterrichtet. "Das war eine neue Herausforderung, der mussten wir uns stellen und haben es ganz gut hingekriegt", meint der Rektor.

Raumnot ist ein Thema, das sich traditionell durch die Schulgeschichte zieht. 1966 wurde die Walldorfer Realschule mit zwei Klassen in den Räumen der Waldschule gestartet, schon 1968 fand der Unterricht an verschiedenen Orten statt, unter anderem im Astorhaus und im Feuerwehrhaus. 1974 erfolgte der Umzug ins Schulzentrum, doch schon im ersten Jahr gab es wieder eine Wanderklasse. 1981 wurde ein erster Anbau mit Fachräumen eingeweiht, Ende der 90er Jahre folgten weitere Anbauten und ein zusätzliches Stockwerk mit Klassenräumen, 2004 der Pavillon für Musik und Bildende Kunst. "Ich kenne diese Schule nur als Baustelle", sagt Helmut Hibschenberger, den es vor über 40 Jahren von der Bergstraße nach Walldorf verschlagen hat. Er erinnert sich an einen Satz des ehemaligen Schulleiters Jung, der zum 20-jährigen Jubiläum davon gesprochen hatte, dass in Sachen Bauaktivitäten "das Ende der Fahnenstange" erreicht sei und nun endlich Ruhe herrsche. Das darf man heute mit einem amüsierten Schmunzeln erzählen, steht doch der Spatenstich für die 24 Millionen teuren Neubauten von Mensa, Ganztagsräumen und Sporthalle am Schulzentrum kurz bevor.

In die Ganztagsbetreuung ist die Realschule dieses Schuljahr als offene Ganztagsschule gestartet. Laut der zweiten Konrektorin Nadine Emmerling haben sich 51 Kinder dafür entschieden, fürs kommende Schuljahr liegen derzeit 35 Anmeldungen vor. Das Programm besteht nach dem Mittagessen aus einem Bewegungsband, der Hausaufgabenzeit sowie an je zwei Tagen Pflichtunterricht und Arbeitsgemeinschaften - von der Koch- bis zur Kegel-AG. Nadine Emmerling hebt die Unterstützung der Stadt Walldorf hervor, die beispielsweise jeder Ganztagsklasse eine Erzieherin zur Verfügung stellt, die vor allem am Nachmittag dabei ist. Ein Lob, dem sich der Rektor gerne anschließt: "Wir haben einen Schulträger, dem die Bedeutung einer guten Schule am Ort sehr bewusst ist."

Wenn es um die Besonderheiten der Theodor-Heuss-Realschule geht, heben Hibschenberger, Lazarus und Emmerling die vielfältigen Schüleraustausche mit Frankreich, England und den USA hervor, auch Skandinavien und Osteuropa hat man für die Zukunft im Blick, und sie verweisen auf viele Kooperationen mit Unternehmen, die Schülern wie auch Firmen viele Vorteile bringen. Nur eines lässt sich im Pressegespräch nicht klären: Wer auf die Idee gekommen ist, die Schule nach Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten Deutschlands und Mitbegründer der Rhein-Neckar-Zeitung, zu benennen, ist offensichtlich im Nebel der Geschichte verschwunden.

Gefeiert wird am 15. Juli in einem "Triathlon": Ab 10 Uhr findet der Festakt mit geladenen Gästen statt, von 14 bis 18 Uhr das Jubiläumsschulfest für Schüler und Eltern im Schulhaus und schließlich von 17 bis zirka 23 Uhr die Ehemaligenfete im Außenbereich. "Das ist mir schon ein bisschen bange, wir rechnen mit mehreren tausend Menschen", so Hibschenberger. Vielleicht sind die Herren Kletti, Hofmann und Willinger ja dabei.

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