Neckargemünd will Tunnelverweigerer auf den richtigen Weg bringen
Fahrt durch Altstadt soll noch unattraktiver werden - Längere Rot-Phasen, Tempo 70 für den Tunnel

Der Bau des Hollmuthtunnels und die Hauptstraßensanierung haben dazu beitragen, dass im Vergleich zu 2004 nur noch jeder dritte Autofahrer den Weg durch die Hauptstraße wählt. Foto: Alex
Neckargemünd. (cm) "Wir wollen den Durchgangsverkehr draußen haben", eröffnete Winfried Schimpf (SPD) die Diskussion im Gemeinderat über die Ergebnisse der Verkehrszählung in der Altstadt. Bürgermeister Frank Volk kündigte an, dass er im Laufe dieses oder des nächsten Monats mit Vertretern des zuständigen Landratsamtes über Optimierungen für den Verkehr in der Altstadt und an der Umgehungsstraße sprechen möchte.
Es gebe viele "Kleinigkeiten", so Volk. So würden einige Ampelanlagen die Straßen in die oder aus der Altstadt bevorzugen. "Wir wollen die Durchfahrt noch einmal 20 Sekunden länger und damit noch unattraktiver machen", sagte Volk. Der Rathauschef denkt auch an eine Beschilderung der Altstadt mit "Anlieger frei", sodass nur noch alle mit einem "Anliegen" hineinfahren dürfen. Man habe es mit "beratungsresistenten Tunnelverweigerern" zu tun, die mit "ihrem Fehlverhalten noch rigidere Maßnahmen" erzeugen würden. Man dürfe die Zahlen aber auch nicht zu tief drücken. "Irgendwann kommt der Punkt, an dem auch die Geschäfte Schaden nehmen", so Volk.
Jürgen Rehberger (Freie Wähler) hätte sich die Zahlen "fünf Monate früher gewünscht", wie er sagte. "Dann hätten wir uns eine Bürgerinitiative und zahlreiche Leserbriefe erspart." Auch er wollte den Durchgangsverkehr durch längere Rotphasen noch weiter reduzieren. Gleichzeitig solle der Tunnel mit Tempo 70 attraktiver gemacht werden. Dennoch war er zufrieden: "Pro Minute sind es in der Altstadt umgerechnet aktuell zwei Autos, da kann man locker über die Straße gehen", meinte Rehberger, der im Hinblick auf die Bürgerinitiative betonte: "Die Mehrheit im Gemeinderat will keine Fußgängerzone, das geht nicht bei Städten unter 30.000 Einwohnern und wäre der Exitus für Neckargemünd." In der Altstadt gebe es auch kein Feinstaubproblem.
Feinstaub sei eher nicht das Problem, sondern Stickoxide durch Dieselmotoren, merkte Hermino Katzenstein (Grüne) an. Dies könne in der engen Neckarstraße sehr wohl ein Thema sein. Er kritisierte die Ampelschaltung der Kreuzung an der Friedensbrücke, die von Heidelberg in die Altstadt länger Grün zeige als früher.
Christian Rupp (CDU) wollte wissen, was die Stadt noch tun könne, um den Durchgangsverkehr zu verbannen. "Das ist nicht so einfach", gab Verkehrsexperte Stefan Wammetsberger zu. Es gehe immer um Zeit. Wirksam seien Straßenfeste mit Sperrungen oder eine Komplettsperrung wegen Sanierung, um den Verkehr zu verlagern. Die Durchfahrtszeit könne aber auch durch andere Ampelschaltungen und bauliche Maßnahmen verlängert werden. Die Stadt alleine könne aber nur wenig tun, weil immer das Landratsamt und die Polizei mitreden. "Ein großer Wurf ist jetzt nicht mehr so einfach", meinte Wammetsberger. "Jetzt noch einmal die Zahlen zu senken, wird schwierig." Dies sei wie bei einem 100-Meter-Läufer. Diesen auf eine Zeit von 10,0 Sekunden zu bringen sei viel einfacher als von 10,0 auf 9,9.
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Die Sanierung der Hauptstraße sei schon drei Jahre her und noch immer sei die Durchfahrt nicht verboten, kritisierte Petra Groesser (Grüne). Dies sei dringend zu unterbinden - und zwar nicht mit "Puppenhausschildern", die nicht auffallen würden. Man könne zwar notorische Altstadt-Durchfahrer ansprechen, diese würden aber aus Gewohnheit durchfahren. Groesser rief dazu auf, im verkehrsberuhigten Bereich am Marktplatz als Fußgänger auf der Fahrbahn zu laufen. Dies sei völlig erlaubt.
Giuseppe Fritsch (Freie Wähler) - "Ich fahre auch manchmal durch die Altstadt" - forderte "Zwangsmaßnahmen", wovon Stefan Wammetsberger aber "kein Freund" war. "Die größte Zwangsmaßnahme wäre, die Altstadt zuzumachen - und das geht nicht", sagte der Experte. Die Verkürzung der Grün-Zeit an der Ampel von Heidelberg kommend in die Bahnhofstraße sei auch eine "Zwangsmaßnahme", aber es werde damit niemand gegängelt. "Wer in die Altstadt muss, der soll auch reinkommen", betonte Bürgermeister Volk.
Manfred Rothe (Freie Wähler) fragte nach Erfahrungen mit versenkbaren Pollern. Diese sah Stefan Wammetsberger kritisch, weil Fahrzeuge ohne Durchfahrtserlaubnis wenden müssten - und dafür sei kein Platz. Schon bei der Vollsperrung der Hauptstraße habe man erlebt, wie Sattelschlepper rückwärts wieder aus der Altstadt herausfahren mussten, erinnerte sich Volk. Ein Problem sei auch, dass Navigationsgeräte immer noch durch die Altstadt statt durch den Tunnel lotsen, so der Rathauschef. Der Grund: Dies ist die schnellste Route.



