Kundgebung in Buchen gegen Kraftwerksmüll aus Obrigheim

Bürgerinitiative "Binmüg" gegen Betonmüll aus dem Atomkraftwerk Obrigheim: "Wir spüren Rückhalt in der Bevölkerung".

22.01.2017 UPDATE: 23.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Über die Argumente gegen die Einlagerung von Betonmüll aus dem Kernkraftwerk Obrigheim informierten sich zahlreiche Bürger am Samstagvormittag bei einer Kundgebung in der Buchener Innenstadt. Arno Scheuermann und Frank Hemberger informierten über die Ziele ihrer Bürgerinitiative. Markus Frei befragte die beiden. Foto: Martin Bernhard

Von Martin Bernhard

Buchen. Zahlreiche Interessenten waren am Samstagvormittag zu einer einstündigen Kundgebung der Bürgerinitiative "Bigmüg" (Bürgerinitiative gegen Müllgeschäfte) in die Buchener Innenstadt gekommen. Die Veranstalter schätzten die Besucherzahl auf rund 150 Personen, andere Teilnehmer gingen von rund 100 Zuschauern aus.

Zu der Kundgebung waren auch Mitglieder einer vergleichbaren Bürgerinitiative aus Schwieberdingen in den Odenwald gereist.

Bei eisigen Temperaturen ließen sich die beiden Macher der Buchener Initiative, Frank Hemberger und Arno Scheuermann, auf einer Bühne vor dem Gasthaus "Zum Riesen" von Markus Frei aus Buchen interviewen.

Immer wieder applaudierte das Publikum und bekräftigte damit die Forderungen von Hemberger und Scheuermann, die verhindern wollen, dass sogenannter "freigemessener" Betonmüll aus dem Kernkraftwerk Obrigheim auf der Deponie Sansenhecken eingelagert wird.

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Die zentralen Forderungen der Initiative an Landrat Achim Brötel lagen in Form von Unterschriftenlisten auf Stehtischen rund um den Pilgrim-von-Bucheim-Brunnen aus: "Die Annahme des schwach radioaktiven Bauschutts aus Obrigheim ist zu untersagen; gegebenenfalls (ist) eine Neubewertung der Gefahren dieses Materials gerichtlich zu veranlassen und darauf hinzuwirken, dass das Material auf dem Kernkraftwerksgelände verbleibt, bis eine zu verantwortende Lösung der Endlagerung an einem geeigneten Ort gefunden ist."Nach Angaben von Frank Hemberger hatten sich im Laufe der Kundgebung rund 260 Personen, darunter viele Passanten, in die Unterschriftenliste eingetragen.

Während der Kundgebung ging es nicht nur um den Unterschied zwischen Richtwert und Grenzwert und die Ungewissheit, ob und welche gesundheitliche Gefährdung der Betonmüll aus dem Kernkraftwerk mittel- und langfristig bewirken könne. Frank Hemberger und Arno Scheuermann kritisierten auch den Buchener Gemeinderat. Dieser habe einerseits sich gegen die Einlagerung des freigemessenen Mülls auf der Deponie Sansenhecken ausgesprochen. Andererseits unternehme er nichts dagegen. "Das fördert die Parteien- und Politikverdrossenheit", sagte Hemberger.

"Warum muss man das Atomkraftwerk Obrigheim abreißen?", fragten die beiden "Bigmüg"-Organisatoren. "Warum kann man es nicht einfach stehen lassen?" Die Einlagerung des Mülls auf der Deponie mit einer Folie, die angeblich hundert Jahre hält, löse das Problem nicht. "Und was ist nach den hundert Jahren? Und was ist, wenn die Folie nicht so lange hält? Wer haftet bei der Verseuchung des Grundwassers und bei Krankheiten?"

Wegen dieser Unsicherheiten forderte die Bürgerinitiative, das Material auf eine Weise zu lagern, dass man es jederzeit wieder bergen könne, sollte es Problem verursachen. Bis man eine solche Lösung gefunden habe, solle man es in Obrigheim lassen. "Ich bin positiv überrascht von der Beteiligung an der Kundgebung", sagte Frank Hemberger. Da die Bürgerinitiative bisher aus nur zwei aktiven Mitgliedern bestanden habe, wollte man ein "Stimmungsbild der Bevölkerung" einholen. "Es gibt eine große Menge an Leuten, die hinter uns stehen", zog Hemberger ein Fazit zur Kundgebung.

"Wir haben einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung gespürt." Nachdenklich stimmte ihn allerdings, dass überwiegend Menschen ab einem Alter von 50 Jahren zu der Veranstaltung gekommen waren. "Das verstehe ich nicht, dass das junge Leute und junge Eltern nicht interessiert."

Das Kernkraftwerk Obrigheim war das älteste Atomkraftwerk Deutschlands. Es ging im Jahr 1968 in Betrieb. Die rot-grüne Bundesregierung beschloss im Jahr 2000 den langfristigen Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie. In diesem Zusammenhang wurde die Stilllegung des Kraftwerks Obrigheim im Jahr 2005 vereinbart. Seit dem Jahr 2008 wird es abgebaut. Beim Rückbau werden rund 40.000 Tonnen Betonmüll anfallen.

Nach aktuellem Stand sollen davon rund 3000 Tonnen frei gemessenen Betonmülls auf der Deponie Sansenhecken bei Buchen eingelagert werden. Der frei gemessene Betonmüll soll mit maximal 10 Mikrosievert im Jahr radioaktiv strahlen. Laut Öko-Institut und Landesumweltministerium sei eine gesundheitliche Gefährdung bei einer solchen Strahlungsmenge sehr gering.

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