Sandhausen: Kampf um L 600 ließ die Räte umdenken

Rat stimmte für den Beitritt in den Landschaftserhaltungsverband - 2013 hatte er noch abgelehnt

02.07.2015 UPDATE: 03.07.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 11 Sekunden

Stark frequentiert ist die L 600, für deren umkämpften Erhalt die Gemeinde Sandhausen nun 665.000 Euro hinblättern muss. Foto: Fink

Von Agnieszka Dorn

Sandhausen. Durch den Kampf um den Erhalt der L 600 hat die Gemeinde ihre Sichtweise geändert: Im Jahr 2013 sei man noch der Meinung gewesen, dass ein Beitritt zum Landschaftserhaltungsverband (LEV) keinen Mehrwert für die Gemeinde habe, sagte Bürgermeister Georg Kletti in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Heute sieht es in der Hopfengemeinde anders aus.

Der Landschaftserhaltungsverband des Rhein-Neckar-Kreises wurde vor etwa zweieinhalb Jahren ins Leben gerufen und soll Pflegemaßnahmen in Schutzgebieten und den Naturschutz im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes vorantreiben. Er setzt sich für die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, der Schutzgebiete und des Landschaftsbildes ein und wirkt bei der Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit.

Inzwischen seien 40 der 54 Kreiskommunen dem Verband beigetreten, so Kletti. Und auch die Sandhäuser Gemeindevertreter gaben letztendlich einstimmig grünes Licht für den Beitritt. Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 500 Euro im Jahr. Der ausschlaggebende Punkt für den Sinneswandel war der Kampf um die L 600 gewesen. Dieser habe gezeigt, wie wichtig ein abgestimmtes Vorgehen mit anderen Kommunen und Verbänden in Fragen des Natur- und Landschaftsschutzes sein könne, sagte Kletti.

Ein anderer wichtiger Punkt für diese Entscheidung war, dass die Koordination von bestimmten Pflegemaßnahmen in Schutzgebieten im LEV schneller und wirtschaftlicher umgesetzt werde. Die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen sei einfach stärker, so Kletti.

Im Namen der SPD-Fraktion sah Jürgen Rüttinger Vorteile, dass Naturschutzverbände wie der Landesnaturschutzverband oder der Kreisbauernverband dort Mitglieder sind. Fall es - wie im Falle der L 600 - Probleme gebe, könnten so schnellere und effizientere Lösungen gefunden werden, meinte er. Positiv fand Peter Köllner (CDU), dass durch den Zusammenschluss mehrerer Kommunen die Pflegemaßnahmen günstiger werden könnten, wenn man Aufträge zusammen vergebe.

Auch Volker Liebetrau (FDP) sah den Beitritt als Vorteil. Und Ralf Lauterbach von der Alternativen Liste war der Meinung, dass der höhere Stellenwert der Natur mit dem Beitritt zu erkennen sei.

Hintergrund

Von Holger Buchwald

25 Jahre lang währte der Streit zwischen Heidelberg und Sandhausen um den Rückbau der L 600, der als Ausgleich für den Neubau der B 535 vorgesehen war. Gestern Abend wurde er endgültig beigelegt. Mit großer Mehrheit stimmte der Gemeinderat für den

[+] Lesen Sie mehr

Von Holger Buchwald

25 Jahre lang währte der Streit zwischen Heidelberg und Sandhausen um den Rückbau der L 600, der als Ausgleich für den Neubau der B 535 vorgesehen war. Gestern Abend wurde er endgültig beigelegt. Mit großer Mehrheit stimmte der Gemeinderat für den Kompromissvorschlag, den die kommunalen Vertreter mit den Naturschutzverbänden, dem Regierungspräsidium und dem Petitionsausschuss des Landtags ausgearbeitet hatten: Die L 600 bleibt bestehen. Dafür wird die Düne am Sandhäuser Brühlweg renaturiert und zum Naturschutzgebiet erklärt. In zwei weiteren schon bestehenden Schutzgebieten in Sandhausen und Schwetzingen werden Sandrasenflächen vernetzt oder entstehen neu.

Trotz der Erleichterung über den Kompromiss sparten die Heidelberger nicht mit Kritik an der Nachbargemeinde und ärgerten sich, dass die Sandhäuser das Thema ausgesessen hätten. "Das ist ein schlechtes Beispiel, wie Politiker mit einem gerichtlich bestätigten Planfeststellungsbeschluss umgehen", sagte Karl Emer (SPD). Nach 25 Jahren gehe es nun aber darum, über den eigenen Schatten zu springen. Auch für Wolfgang Lachenauer ("Heidelberger") war der Dauerkonflikt kein "Ruhmesblatt" für Sandhausen. Nun müsse man aber den Blick nach vorne richten: "Ein Rückbau der L 600 wäre für viele Sandhäuser ein Riesenproblem. Man darf auch mal nach 20 Jahren klüger werden." Dem Heidelberger Gemeinderat stünde es nicht gut an, sich als letzter Beteiligter dem Kompromissvorschlag zu verweigern.

Die Befürworter des L 600-Rückbaus nutzten trotzdem noch einmal die Gelegenheit, um gegen den in ihren Augen faulen Kompromiss zu wettern. Frank Wetzel (Grüne) ärgerte sich insbesondere darüber, dass nun keine Entsiegelung mehr als Ausgleichsmaßnahme für die B 535 vorgesehen sei. Ähnlich äußerte sich Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke): "Es gibt überhaupt nur ganz wenige Fälle, in denen eine Straße zurückgebaut wurde." Dies wäre nun endlich einmal an der Zeit gewesen. Doch die Gemeinde Sandhausen habe mit "verkehrspolitischen Maßnahmen" vollendete Tatsachen geschaffen, die sie nun als Argument für den Erhalt der Landesstraße zwischen dem Umspannwerk an der Sandhäuser Straße und Bruchhausen ins Feld führe.

35 Stadträte stimmten am Ende für den Kompromiss, neun dagegen, darunter die Bunte Linke und die Linke, Alexander Schestag von den Piraten und Teile der Grünen. Drei weitere enthielten sich. Karl Emer (SPD) hofft, dass der Kompromiss jetzt auch wirklich umgesetzt wird.

[-] Weniger anzeigen
Hintergrund

Sandhausen/Heidelberg. (cm) Der 25. Juni 2015 kann der Tag werden, an dem die schier unendliche Geschichte um den Rückbau der L 600 bei Sandhausen doch noch ein Ende nimmt. Denn heute hat der Heidelberger Gemeinderat das letzte Wort. Stimmt dieser bei seiner Sitzung ab 17 Uhr

[+] Lesen Sie mehr

Sandhausen/Heidelberg. (cm) Der 25. Juni 2015 kann der Tag werden, an dem die schier unendliche Geschichte um den Rückbau der L 600 bei Sandhausen doch noch ein Ende nimmt. Denn heute hat der Heidelberger Gemeinderat das letzte Wort. Stimmt dieser bei seiner Sitzung ab 17 Uhr im Rathaus den alternativen Ausgleichsmaßnahmen zu, ist der umstrittene Rückbau endgültig vom Tisch.

Sandhausens Bürgermeister Georg Kletti hat den öffentlich-rechtlichen Vertrag für die Gemeinde bereits ebenso unterschrieben wie Regierungspräsidentin Nicolette Kressl für das Land und ein Vertreter im Namen der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Vertrag beinhaltet die "Spielregeln" für die vier Ausgleichsmaßnahmen, die den Rückbau der L 600 ersetzen sollen. Die Städte Heidelberg und Schwetzingen müssen diesen nicht unterzeichnen, obwohl sie mit ihren Gemarkungen beteiligt sind. Die dortigen Gemeinderäte müssen aber zustimmen, Schwetzingen hat dies bereits.

Der Rückbau der L 600 wurde im Jahr 1989 als ökologische Ausgleichsmaßnahme für den Neubau der parallel verlaufenden B 535 beschlossen, aber nie umgesetzt. Fast genauso lange wird schon um den Rückbau gestritten. Vor fünf Jahren wurden Petitionen eingereicht, im letzten Frühjahr wurde dann ein Kompromiss gefunden. "Jetzt hängt alles von Heidelberg ab, wir sind optimistisch", sagte Sandhausens Bürgermeister Georg Kletti.

[-] Weniger anzeigen
Hintergrund

Von Roland Fink

Sandhausen. Ein Knopf fehlt noch am Anzug, nämlich die Zustimmung der Stadt Heidelberg. Und die sollte Mitte Juli im dortigen Gemeinderat positiv ausfallen. Denn dann erst ist die jahrelange Diskussion um den Erhalt der Landesstraße L 600 zwischen dem

[+] Lesen Sie mehr

Von Roland Fink

Sandhausen. Ein Knopf fehlt noch am Anzug, nämlich die Zustimmung der Stadt Heidelberg. Und die sollte Mitte Juli im dortigen Gemeinderat positiv ausfallen. Denn dann erst ist die jahrelange Diskussion um den Erhalt der Landesstraße L 600 zwischen dem Umspannwerk bei Leimen und und dem Sandhäuser Weiler Bruchhausen endgültig vom Tisch.

Der Gemeinderat Sandhausen ist inzwischen geübt, Knöpfe "dranzumachen" und zwar so, dass sie auch halten: In jüngster Sitzung stimmte das Gremium sowohl dem ausgehandelten öffentlich-rechtlichen Vertrag zu als auch der weiteren Vorgehensweise.

Damit ist Bürgermeister Georg Kletti befugt und beauftragt, seine Unterschrift unter das Vertragswerk zu setzen. "Über das Thema gibt es wohl nichts mehr zu sagen, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg und die Gemeinde Sandhausen werden den Vertrag unterzeichnen", sagte Kletti. Der Vertrag wurde etliche Male korrigiert und nichtöffentlich vorberaten. Noch zuletzt wurde ein neuer Passus aufgenommen; dieser lässt die Erlöse aus dem Holzeinschlag bei den Eigentümern verbleiben, womit sie nicht mehr in die Finanzierung des Alternativkonzeptes der Ausgleichsmaßnahmen eingehen werden.

Vier Ausgleichsmaßnahmen - allesamt unter Steuerung und Überwachung des Regierungspräsidiums Karlsruhe - wurden festgezurrt. Darunter findet sich auch eine 32 Hektar große Fläche im Gewann "Am Brühlweg", die als Naturschutzgebiet ausgewiesen wird. Etwas mehr als die Hälfte dieses Gebietes wird schrittweise in Sandrasen, in Wintergrün und Weißmoos-Kiefernwald umgewandelt. Eine Umwidmung in Baugebiete ist ausgeschlossen.

Die Gemeinde Sandhausen wird mit 665 000 Euro zur Kasse gebeten. "Ohne diesen finanziellen Kompromiss wäre eine Einigung nicht zustande gekommen", erklärte der Bürgermeister. Es ist weniger, als bisher als Beteiligungsbeitrag von rund 1,5 Millionen Euro gefordert wurde. Hinzu kommt, dass die Naturschutzverbände erklärt haben, dass sie keine Klage wegen des unterbliebenen Rückbaus der Landesstraße erheben werden.

Uwe Herzog (CDU) konnte dem öffentlich-rechtlichen Vertragswerk seitens seiner Fraktion zustimmen: "Wir erwarten natürlich ein ebenso positives Signal aus Heidelberg." Thomas Schulze (SPD) wollte dieses Politikum nun ad acta legen und verwies darauf, dass mögliche Mehrkosten zu Lasten des Landes gehen. "Auf uns kommt keine Kostenexplosion zu, lasst uns nun Taten sehen", so seine Forderung.

Diese "jetzt schöne Sache" möchte Georg Diem (FDP) gerne begleiten. Die Gemeinde hätte viel Geld in die Hand nehmen müssen, um Schaden abzuwenden, "doch mit dem Hosenträger von 665 000 Euro können wir leben". Für Ralf Lauterbach (AL) liegt noch ein gutes Stück Weg vor Sandhausen, bis der eigentliche Mehrwert des entstehenden Naturschutzgebiet auch für die Bürger deutlich werde. "Wir werden dies dokumentieren", so Lauterbachs Bekräftigung.

Einstimmig wurde dem ausgehandelten Vertragswerk vom Sandhäuser Gemeinderat zugestimmt. Die Stadt Schwetzingen, auf deren Gemarkung die restlichen Ausgleichsmaßnahmen erfolgen werden, sowie der Forst Baden-Württemberg hatten das Vertragswerk bereits abgesegnet.

[-] Weniger anzeigen
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.