Neckar-Odenwald-Kreis

Landkreis fordert 1000 Meter Mindestabstand für Windräder

Kreistag verabschiedet Stellungnahme zum Teilregionalplan Windenergie. 7650 Hektar sollen als Vorrangflächen ausgewiesen werden.

26.04.2024 UPDATE: 26.04.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Der Eindruck täuscht: Die Windräder im „Großen Wald“ bei Hettingen sind mehr als 1000 Meter vom nächsten Wohngebiet entfernt. Einen entsprechenden Mindestabstand in dieser Größenordnung fordert der Landkreis bei der Regionalplanung festzuschreiben. Foto: Rüdiger Busch

Von Rüdiger Busch

Neckar-Odenwald-Kreis. Ein einheitlicher Mindestabstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung, Kompensationsleistungen für besonders betroffene Gemeinden und die Berücksichtigung bestehender Anlagen bei der Berechnung des Mindestflächenziels: Das sind die zentralen Forderungen des Landkreises in seiner Stellungnahme für die Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergie. Die zuvor bereits im Ausschuss vorgestellte Stellungnahme wurde in der Kreistagssitzung am Mittwoch in Mudau nach langer Diskussion bei drei Gegenstimmen (AfD) und sieben Enthaltungen (Grüne) beschlossen.

"Wir bekennen uns ausdrücklich dazu, einen größeren Beitrag als andere für das Gelingen der Energiewende zu erbringen", sagte Landrat Dr. Achim Brötel beim Blick auf das im ländlichen Raum vorhandene Mehr an geeigneten Flächen. Gleichzeitig brauche man dafür zwingend die Akzeptanz der Menschen. Als Ausgleich für die Mehrbelastung kämen größere Planungsfreiräume in den Bereichen Wohnen und Gewerbe oder eine finanzielle Kompensation in Frage.

Grafik: Neckar-Odenwald-Kreis

Es sei kein Zufall, dass es in Hessen, wo ein größerer Mindestabstand gilt als in Baden-Württemberg, deutlich mehr Anlagen gebaut wurden und werden: "Wer den Menschen größere Mindestabstände zugesteht, nimmt ihnen Ängste und erreicht dadurch unter dem Strich wesentlich mehr für die Energiewende."

"Von Einheitlichkeit kann keine Rede sein", kritisierte Dr. Norbert Rippberger (CDU) die unterschiedlichen Abstandsgrößen zur Wohnbebauung: 700 Meter im baden-württembergischen Teil der Metropolregion, 900 in Rheinland-Pfalz und 1000 in Hessen. "Dies ist nicht nachvollziehbar und durch nichts begründet", sagte Rippberger. Die Gemeinden im ländlichen Raum seien mehr als nur "Flächenbereitsteller für die Erneuerbaren", nämlich Lebens- und Arbeitsraum für viele Menschen. Deshalb brauche es in der Regionalplanung mehr Entwicklungsmöglichkeiten für den ländlichen Raum. 7650 Hektar Vorrangfläche für Windenergie stünden in der Planung nicht einmal 100 Hektar für neue Wohn- und Gewerbegebiete gegenüber.

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Geradezu absurd sei es, wenn die Vorleistungen des Kreises in Sachen Windenergie unter den Tisch fielen, indem bestehende oder genehmigte Anlagen wie im "Großen Wald" in Hettingen oder in Altheim nicht berücksichtigt werden.

"Es ist eine Stellungnahme für Windkraft", unterstrich Martin Diblik (Freie Wähler). Denn nur eine Planung, welche die Interessen des Kreises, der Gemeinden und der Bürger berücksichtigt, finde die notwendige Akzeptanz. Der Landkreis dürfe deshalb kein Erfüllungsgehilfe des Rhein-Neckar-Kreises oder der Städte Mannheim und Heidelberg sein, wo bis heute nicht ein Windrad stehe.

"Eine große Akzeptanz ist nur dann zu erreichen, wenn einheitliche Abstände eingehalten werden", sagte Heide Lochmann (SPD). Deshalb seien unterschiedliche Abstände nicht akzeptabel. Gleiches gelte für das Nichtberücksichtigen bestehender oder genehmigter Anlagen: "Es kann nicht sein, wenn die frühzeitige Übernahme von Verantwortung für die Energiewende jetzt nicht mehr zählt."

Simone Heitz (Grüne) bezeichnete die Stellungnahme dagegen als reine Verhinderungspolitik. "Ob der Abstand 700 oder 1000 Meter beträgt, darauf kommt es doch nicht an", meinte sie – "entweder man ist für oder gegen Windenergie". Geradezu lächerlich sei es, von einer "Umzingelung" einzelner Kommunen zu sprechen. Vielmehr sollten die Vorteile der Windenergie für die regionale Wertschöpfung deutlicher betont werden. Dass dies nicht geschehe, zeige, dass die Dringlichkeit des Klimaschutzes noch nicht in den Niederungen der Kommunalpolitik angekommen sei.

"Wir lehnen Windenergie nicht generell ab, sondern nur in Regionen, in denen sie unsubventioniert nicht rentabel ist", sagte Tobias Eckert (AfD). Die vorliegenden Pläne für den Ausbau der Windenergie seien in ihrer Dimension gleichbedeutend mit der größten Veränderung in der Geschichte des Landkreises: Die bestehenden Häuser und Straßen machten etwa 11 Prozent der Kreisfläche aus – "und nun sprechen wir über 6,7 Prozent Vorrangflächen für Windkraftanlagen".

"Ein radikaler Ausbau der Windenergie wird dazu führen, dass wir die Akzeptanz der Bevölkerung verlieren", warnte Kreisrat Alois Gerig (CDU). Ideologie in der Politik habe schon immer geschadet: "Wir alleine können die Welt nicht retten!"

"Wir brauchen so viele Windenergieanlagen wie nötig, und zwar so schnell wie möglich", entgegnete Günter Schmitt-Haber (Grüne). Er kritisierte "Pseudo-Umweltschützer", denen es nur um das Verhindern von Anlagen gehe. Der Abstand zur Wohnbebauung sei nur relevant, wenn es um Lärmbelästigung gehe, und diese sei messbar.

"Wir sind im Wahlkampf angekommen", stellte Amelie Pfeiffer (Grüne) fest. Die Diskussion um Abstände sei nicht das Entscheidende. Vielmehr gehe es darum, Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger zu stärken: "Denn diese führen zu der nötigen Akzeptanz!"

Update: Montag, 29. April 2024, 10.53 Uhr

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