Dialekt

"Elsässisch ist cool"

Manon Zinck-Dambach ist "Auslandsdeutsche des Jahres". Die Autorin verteidigt den Dialekt der Grenzregion.

07.05.2024 UPDATE: 07.05.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden
Mit modern gestalteter Tracht unterwegs: Manon Zinck-Dambach, die vor kurzem zur Auslandsdeutschen des Jahres gewählt wurde, in Mommenheim. Foto: Philipp von Ditfurth

Von Christian Böhmer

Mommenheim. Ein Kinderbuch, Theater-Stücke, Elsässisch-Kurse und Beratung von Behörden: Manon Zinck-Dambach ist eine viel beschäftigte Frau. Die 30-Jährige lebt in einem Dorf nördlich von Straßburg und ist stolz darauf, die regionale Kultur und den elsässischen Dialekt zu verteidigen. "Falls wir unsere Sprache verlieren, verlieren wir einen Teil unserer Identität", lautet das Credo der gelernten Deutschlehrerin. Nach mehreren Jahren Schuldienst in ihrer Heimatregion spezialisierte sie sich auf das private Unterrichten des Elsässer Dialekts. "Die Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren und an die junge Generation weitergeben müssen."

Bei einem internationalen Wettbewerb deutschsprachiger Medienmacher wurde die Pädagogin aus Mommenheim im vergangenen Jahr zur "Auslandsdeutschen des Jahres 2023" gewählt.

Prestigeträchtige Auftritte und Reisen gab es bisher wegen der Auszeichnung nicht, erzählt die zielstrebige Elsässerin. "Es öffnen sich aber Türen." So sei sie von der elsässischen Gebietskörperschaft CEA (Collectivité européenne d’Alsace) kontaktiert worden. Diese will Elsässisch, den Dialekt in den französischen Regionen Elsass und Moselle an der Grenze zu Deutschland, aufwerten. Dazu wird auch ein öffentliches Amt für die Regionalsprache eingerichtet.

In einer europäischen Metropole wie Straßburg ist der Dialekt nur noch selten auf der Straße oder im Geschäft zu hören. In Dörfern wird er jedoch häufiger gesprochen. Eine Umfrage im Auftrag der CEA unter Erwachsenen in der Region ergab im vorvergangenen Jahr, dass immerhin 46 Prozent Elsässisch sprechen und 54 Prozent Deutsch.

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Der Dialekt wurde lange als etwas altmodisch und ländlich angesehen, meint Zinck-Dambach. Es habe deshalb einen Niedergang gegeben. "Inzwischen hat der Dialekt ein positiveres Image. Das mag mit der Corona-Pandemie und den Krisen zusammenhängen, die wir erleben." Das Lokale und Regionale werde zunehmend als etwas Vertrautes wahrgenommen, das bewahrenswert sei. Elsässisch – also etwas wie eine Sprache der Herzen. Zinck hat eine deutsche Großmutter und sprach im Elternhaus Elsässisch. Französisch lernte sie nach eigenem Bekunden erst im Kindergarten.

Das Elsass war lange ein Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich. Die Menschen mussten deshalb in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten mehrfach die Nationalität wechseln. Seit 1945 gehört die Region mit ihren malerischen Fachwerkhäusern, Weinstuben und blumengeschmückten Dorfstraßen wieder zu Frankreich. Heimische Begriffe wie "Flammekueche" (Flammkuchen) oder "Christkindelsmärik" (Weihnachtsmarkt) sind inzwischen auch überregional bekannt.

Wie heikel das Thema Sprache in der Grenzregion gelegentlich ist, zeigt der Wirbel um zweisprachige Straßenschilder in der Touristenhochburg Colmar. "Essigfabrik-Gasse" und andere Übersetzungen ins Hochdeutsche lösten bei manchen Bewohnern Erinnerungen an düstere Zeiten aus. Nazi-Deutschland hatte das Elsass im Zweiten Weltkrieg de facto annektiert. Im Colmarer Schilderstreit gibt es mittlerweile einen Kompromiss: Es wird nun vorrangig ins Elsässische übersetzt, wie die Regionalzeitung "Les Dernières Nouvelles d’Alsace" unlängst berichtete.

Zweisprachigkeit ist auch ein Motto der Autorin Zinck-Dambach: Im Sommer werde ihr Kinderbuch auf Elsässisch und Französisch erscheinen, kündigt sie an. Eine deutsche Übersetzung? "Die gibt es vielleicht später." Theaterstücke auf Elsässisch schrieb sie bereits.

Die Botschafterin des Dialekts arbeitet mit allen Generationen und geht dazu auch in Bibliotheken und Altersheime. "Elsässisch ist cool", so lautet ihre Devise, die vor allem an die Jugend gerichtet ist. Zinck-Dambach tritt gerne in einer modern gestalteten Tracht auf – und trägt dazu eine hellbraune Ledertasche, die sie bereits als Lehrerin hatte.

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